Donnerstag, 18. April 2024

Gemeindeförster für 4 Tage bei Wasser und Brot inhaftiert

Der Online-Katalog des Staatsarchivs des Kantons Zürich verzeichnet nicht nur die generellen Sachgebiete zu einem bestimmten Dossier. Manchmal gibt er auch Hinweise auf Trouvaillen der eher unerwarteten Art, wie sie der Titel dieses Beitrags zum Ausdruck bringt. 

So beispielsweise beim Konvolut «Korrespondenz 1828 - 1888 - Gemeindewaldung Weiach» mit der Signatur StAZH Z 31.1300. Unter der Rubrik «Inhalt und Form» liest man doch tatsächlich:

«Enthält zahlreiche Briefe; u. a. Mitteilung vom 7. Februar 1828 an den Forstmeister, dass der Gemeinderatsweibel den für vier Tage in Regensdorf bei Wasser und Brot inhaftierten Gemeindeförster Rudolf Meyerhofer vertreten werde,  [...]».

Handelt es sich wirklich um Regensdorf...?

Was sich unser damaliger Förster hat zuschulden kommen lassen, geht allenfalls aus diesem Schreiben von 1828 hervor. 

Mit einigem Erstaunen vermerkt der hier in die Tasten hauende Ortshistoriker aber, dass da auch nach Augenreiben immer noch RegensDORF steht. Nicht RegensBERG. 

Nun ist es tatsächlich so, dass in der per Eingemeindung 1896 massiv gewachsenen Stadt Zürich dringend Platz geschaffen werden musste. Daher verlegte man das Zuchthaus auf eine grüne Wiese im Furttal und riss die jahrhundertelang als Gefängnis und Arbeitshaus genutzten Gebäude des ehemaligen Dominikanerinnen-Klosters Oetenbach ab.

So kam es, dass Regensdorf ab dem Jahr 1901 für viele Zürcher zum Synonym für schwedische Gardinen geworden ist. Kein Wunder, denn sie hiess ja auch explizit Strafanstalt Regensdorf. Da ist die heutige Bezeichnung Justizvollzugsanstalt Pöschwies schon neutraler. 

...oder doch eher um Regensberg?

Wie oben erwähnt geht es hier aber um einen Straffall von 1828. Damals gehörte Weyach zwar bereits zu demjenigen Verwaltungsgebilde, das später zum Bezirk Regensberg (ab 1871: Bezirk Dielsdorf) werden sollte. Das war aber noch ein sogenanntes Oberamt. Und der Oberamtmann fühlte sich schon fast wieder wie weiland ein Landvogt auf Schloss Regensberg. So sahen es jedenfalls etliche Untertanen. Was Wunder, schliesslich war dort oben auch das Bezirksgericht ansässig. Entsprechend gab es da auch Arrestzellen.

Es ist daher ziemlich sicher, dass Rudolf Meyerhofer seine Strafe im Städtchen auf dem Lägernsporn absitzen musste, oder wie man damals sagte «auf dem Buk». Ein für viele höchst negativ konnotierter Ort, an den man entsprechend ungern erinnert wurde. Was in den 1860ern im Kampf um die Verlegung des Bezirkshauptorts ins Tal nach Dielsdorf von den Befürwortern dieser Änderung auch gnadenlos instrumentalisiert worden ist.

Mittwoch, 17. April 2024

Pfarrherr betrauert Pesttod seiner Tochter in poetischer Form

Johannes Frey (1538-1607; WPZ21 Nr. 29) war einer der vielen Pfarrer, die im 16. Jahrhundert die nicht sehr beliebte Pfarrstelle von Wyach aufs Auge gedrückt bekamen. 

Da gab es nämlich kein Pfarrhaus. Bis zur Einrichtung eines minimalen Pfrundgutes samt Ankauf eines sehr bescheidenen Häuschens im Jahre 1591 musste der für Weiach zuständige Pfarrer zu Fuss von Zürich aus dorthin und wieder zurück. Denn diese Stelle war hundsmiserabel besoldet und es gab nur in Zürich halbwegs standesgemässe zusätzliche Verdienstmöglichkeiten (z.B. als Hilfslehrer).

Inschriftlich verewigt...

Für Frey war Wyach nicht wirklich ein Problem. Es war seine erste richtige Pfarrstelle. Bereits 1560 ordiniert, war dieser Karriereschritt 1562 auch an der Zeit. Weiach war dann das Sprungbrett zu besseren Verdienstmöglichkeiten – wie bei vielen anderen Jungpfarrern. Noch im selben Jahr erhielt er die Stelle eines Diakons in Kappel am Albis. Und am 15. März 1566 wählten ihn die Meilemer zu ihrem Pfarrer.


Als Pastor Ioannes Liberianus ist er sogar an der Stirnseite des Podests zum Turmeingang inschriftlich verewigt, wie man bei Jakob Stelzer in seiner Geschichte der Gemeinde Meilen (S. 129) lesen kann.

... und als guter Verseschmied

Im Historisch-biographischen Lexikon der Schweiz wird Frey als «guter Poet» bezeichnet (HBLS III S. 247 Nr. 19). Und damit war er laut Stelzer nicht der einzige seiner Zunft unter den Meilener Pfarrern. Die Goldküstengemeinde war sozusagen ein Pfarrschriftsteller-Anziehungspunkt:

«Die Pfarrer von 1547 bis 1693 waren mit Ausnahme von nur drei (1585 bis 1625) als Epigramm- und Liederdichter oder Schriftsteller bekannt.»

Es blieb ihm nicht erspart, dass er Frau und Kind zu Grabe tragen lassen musste (Stelzer S. 130/132):

«Johannes Frei, insignis poeta, schrieb im August des Pestjahres 1582 ins Totenbuch:

Filia Lyberi virgo Susanna ministri
In domino obdormit, spiritus astra petit,
Aeterna in coelis cum Christo hic gaudia captat
Rursus corpus suscitet ille suum
Tunc animus et corpus iuncta salute fruentur
Coelesti in patria perpetuoque simul.

Jungfrau Susanna Frey des Pfarrers / ehliche / Tochter
In dem Herrn entschlief und sternenwärts schwang sich ihr Geist
Ewger Wonnen genießend im Himmel mit dem Erlöser,
Der aus dem Grabe dereinst wird auferwecken den Leib;
Seele und Leib alsdann, sie werden gemeinsamen Heiles
Ewiglich sich erfreun im himmlischen Vaterlande.

Er dichtete auch deren Grabschrift und ein Lied auf seine an der Pest verstorbene Gattin.»

Wie alt seine Tochter zum Zeitpunkt ihres Todes war, ist mir nicht bekannt. Sie dürfte jedoch kaum erwachsen gewesen sein, oder sogar noch ein Kind. Denn vor 1562 konnte Frey von einer Familiengründung aus wirtschaftlichen Gründen vernünftigerweise nur träumen.

Quelle

  • Stelzer, J.: Geschichte der Gemeinde Meilen. 1. Band: Von den Anfängen bis 1830. Verlag der Mittwochgesellschaft Meilen, 1934 – S. 129, 130 & 132 [https://doi.org/10.20384/zop-4721].

Dienstag, 16. April 2024

Auf Betteltour in Würenlos gestorben

Wie wir am Samstag gesehen haben (vgl. WeiachBlog Nr. 2080) hat die Gemeinde Weiach anfangs der 1690er-Jahre ihren Dorfarmen mangels genügender Mittel in der Gemeindekasse und zugleich ausbleibender Unterstützung durch das Almosenamt der Stadt Zürich die Bettelfreigabe erteilt. An drei Tagen in der Woche durften namentlich bestimmte Arme vor den Häusern «heuschen». Ganz offiziell.

Solche aus Weyach stammenden Bettler zogen natürlich auch sonst im Land umher und versuchten sich auf diese Weise irgendwie über Wasser zu halten. Was nicht immer gelang:

«Heinrich Trüllinger von Wejach natus Ao 59. 3. Apr. gieng mit seiner Schwester bettlen, starb zu Würenlos, ward verbeümt und kein Kosten gfond, wyl Hr. Pfr. Brennwald sich der Armut der Kilch und Gmeind halber geklagt.»

Wenn jemand verbäumt wird

Das Verbum verbaume(n) bezeichnet laut dem Schweizerdeutschen Wörterbuch Idiotikon (Id. 4,1251) den Vorgang der Einsargung. Baumer wird ein Schreiner genannt, der Särge herstellt. 

Ein Sarg wird beerdigt und was danach folgt, wissen wir alle. Interessant ist deshalb die zweite Bedeutung dieses Wortes verbaume(n): «vermodern, morsch werden, ersticken, von Holz und andern pflanzlichen Stoffen; durch Alter verdorben werden, von Waren» (Id. 4,1253)

Endstation Otelfingen

Der obige Eintrag, datiert auf den 16. Februar 1694, ist im Sterberegister der Zürcher Grenzgemeinde Otelfingen im Furttal zu finden. Warum das so ist, erläutert ein Beitrag in der Zeitschrift Der Schweizer Familienforscher aus dem Jahr 1961:

«Das Sterberegister der reformierten Pfarrgemeinde Otelfingen (Staatsarchiv Zürich E III 87, 2) besitzt die Besonderheit, daß in ihm in Baden verstorbene Reformierte aufgeführt werden. Der Pfarrer von Otelfingen betreute nämlich auch die zu Würenlos in der damaligen Grafschaft Baden, jetzt Kt. Aargau, wohnhaften Reformierten. In Baden selber, das damals ganz katholisch war, durfte kein reformierter Gottesdienst gehalten werden auch nicht privat und nicht einmal für den Landvogt und die Tagsatzungsherren, obschon diese doch die Obrigkeit repräsentierten (vgl. Barth. Frikker, Geschichte der Stadt und der Bäder zu Baden, Aarau, Sauerländer 1880, Seite 300 ff.). Starb ein Reformierter in der Bäderstadt, so mußte seine Leiche in die nächstgelegene reformierte Gemeinde, und das war eben Otelfingen im Kanton Zürich, verbracht und dort bestattet werden. So wurden diese Todesfälle im Pfarrbuch Otelfingen eingetragen gewöhnlich mit dem Vermerk «von Baden aus bestattet», [...].»

Kostenübertragung abgewendet

Heinrich Trüllinger wurde also in Otelfingen beerdigt. Und zwar auf Kosten der Otelfinger! Wie aus dem Eintrag auch hervorgeht, gelang es dem Weiacher Pfarrer Brennwald (seit 1693 im Amt) nämlich erfolgreich, durch Hinweis auf die desolate Finanzlage der Kirchgemeinde Weiach, eine Kostenüberbindung abzuwenden. Sehr praktisch. So wurde nicht einmal Platz auf dem Friedhof im Oberdorf benötigt (den heutigen im Büel gibt es erst seit 1706).

Quelle
  • Schulthess, K.: Reformierte Ortsfremde im Sterberegister von Otelfingen 1650–1785. In:  Der Schweizer Familienforscher = Le généalogiste suisse. Band (Jahr): 28 (1961), Heft 3-5 – Hier: Nr. 109  Trüllinger. 16. Febr. 1694.

Sonntag, 14. April 2024

Diebische Untreue ergibt Pranger und Verbannung, Anno 1693

Zeiten der Not wie die der Hungerkrise 1692/93 (vgl. den vorangehenden Beitrag WeiachBlog Nr. 2080) sind Prüfsteine für die Dorfgemeinschaft, die Familien und Individuen. Und manchem ist in solchen Situationen nicht nur das Hemd näher als der Rock, es liegt ihm auch der Griff in fremde Taschen näher.

Da muss die hohe Obrigkeit natürlich beweisen, dass sie die Lage im Griff hat. Bewerkstelligt wurde dies mit den damaligen Mitteln und nach dem Motto: Bestrafe die Täter in aller Öffentlichkeit und erziele optimalen Abschreckungseffekt bei allen anderen. Für die Delinquenten fing die Abschreckung schon bei der Strafuntersuchung an:


Verhaften, einkerkern, befragen, mit Folter drohen

Und zwar genau in dieser Reihenfolge. Der oben abgebildete Textausschnitt stammt aus dem Unterschreiber-Ratsmanuale des Baptistalrats für das Jahr 1693 (StAZH B II 643, 27.09.1693 (st.v.), S. 120-121). «Mittwochs den 27. 7bris» fassten Bürgermeister und Kleiner Rat der Stadt Zürich u.a. folgenden Beschluss: 

«Der wegen vilfaltig-diebischen angriffen in dem Wellenberg verhaffte, Conrad Meyer von Weyach, soll mit nebent bezeichneter Tortur ersucht und umb seine fehrnere diebstähl befräget, auch seine Muter mit der Marter geschrekt, weiters examinirt und künfftigen Samstag beyder vergicht an Mghh gebracht werden.»

Welche Foltermethoden mit dem am linken Rand notierten Zahlenpaar «1/2» gemeint ist, habe ich bislang trotz ziemlich breiter Suche nicht eruieren können. Es dürfte sich aber um einen Code handeln, bei dem jedem Nachgänger (d.h. den Untersuchungsrichtern, die selber Ratsmitglieder waren) klar war, was darunter zu verstehen ist.

Die Mutter des im Gefängnisturm mitten in der Limmat inhaftierten Conrad Meyer sollte laut Ratsbeschluss ebenfalls befragt werden. Auch die Androhung von körperlichen Zwangsmassnahmen wird explizit erlaubt, falls dies zur Erhöhung der Aussagebereitschaft als erforderlich angesehen wird.

Bereits drei Tage später wird das Urteil gefällt und sofort vollstreckt

Wie beauftragt wurden die beiden Tatverdächtigen in die Zange genommen und in der Ratssitzung vom 30. September dem Gremium rapportiert. Noch in derselben Sitzung dann das Urteil gefällt (StAZH B II 643, 30.09.1693 (st.v.), S. 124-125):

«Hans Conradt Meyer von Weyach, soll wegen begangner diebischer untreüwe uber außgestandene gefangenschafft und peinliches Examen, dießen nachmitag ein stund lang an den prangen gestellt, auf dann [1] jahr des Landts verwiesen; [...] sine Muther, welche ihme hierin Byhülf geleistet, nebend den prangen geführt, auch sambt Elsbetha Meyer[,] ihrer Tochter, welche hierumb wüßens gehabt, nechstgestellt werden.»

Hans Conrad Meyer wurde also der Folter unterzogen. Noch am selben Samstag ist er (wohl mitten in der Stadt Zürich) eine Stunde lang in aller Öffentlichkeit an den Pranger gestellt (d.h. an einer Säule festgekettet) worden, wobei seine Mutter wegen Beihilfe zur Veruntreuung und seine Schwester wegen Mitwisserschaft daneben stehen mussten.

Landesverweis auf Jahr und Tag

Gleich anschliessend wurde der einjährige Landesverweis aus dem Zürcher Herrschaftsgebiet wirksam. Interessant ist, dass hier kein Wort von einer hohen Busse oder dergleichen steht.

Was den Meyern genau vorgeworfen wurde, geht aus diesen kurzen Einträgen nicht hervor. Das findet sich vielleicht in den Kundschaften und Nachgängen des Jahres 1693, d.h. den Protokollen der Untersuchungsrichter, sofern noch vorhanden (vgl. das Dossier StAZH A 27.118).

Samstag, 13. April 2024

Hungersnot und leere Gemeindekasse: Strassenbettel erlaubt!

Das letzte Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts war im Kanton Zürich ein Schreckensdezennium. Der Historiker Walter Letsch hat sich auf die Demographie unseres Kantons in der Frühen Neuzeit zwischen Reformation und dem Zusammenbruch des Ancien Régime spezialisiert. Er spricht in seinem Beitrag «Die unbekannte Hungersnot von 1692/93» (vgl. Zürcher Taschenbuch 2022, S. 73-96) von einer der grössten Katastrophen, die die Zürcher Bevölkerung je erleiden musste. Der Autor schätzt, dass von 127'000 Einwohnern nicht weniger als 14 Prozent verhungert sind.

Sozialhilfeempfänger haben nichts mehr zu melden

Über diese Zeit hat auch Dr. h.c. Heinrich Morf publiziert. Das Neujahrsblatt 1874 der Hülfsgesellschaft Winterthur brachte seinen Aufsatz «Aus der Geschichte des zürcherischen Armenwesens».

Aus diesem Werk hat die Neue Zürcher Zeitung (Nummer 609, 31. Dezember 1972) für einen Beitrag über die Neujahrsblätter der Zürcher Landschaft die folgenden Informationen entnommen:

«Im Gegensatz zu den Armen der Stadt, die ihr Brot am Samstag im Refektorium des Augustinerklosters bezogen, empfingen es jene der Landschaft am Sonntag nach der Morgenpredigt vor versammelter Gemeinde. Vorgängig wurde jeweils daran erinnert, daß die Empfänger des Almosens von der Gemeindeversammlung ausgeschlossen seien.»

Kollekte in der Kirche wenig ertragreich

Kein Wunder also, dass niemand von Sozialhilfe abhängig sein wollte, bei dieser Art der doppelten öffentlichen Stigmatisierung. Wer ein Brot aus der Armenkasse nahm, der hatte politisch nichts mehr zu melden. Er war sozusagen ehrlos und musste – ohne mitreden zu können – trotzdem die Beschlüsse der Gemeinde mittragen.

«Da das Almosenamt befürchtete, trotz guten Einkünften seinen Aufgaben nicht gerecht werden zu können, wurden die Gemeinden 1620 aufgefordert, inskünftig nach der Sommer- und Herbsternte Steuern in Form von Naturalien für die Armen einzuziehen. Das Ergebnis war gering; denn lange nicht alle Gemeinden kamen dieser Aufforderung nach. Von 1622 an mußte daher zur Aeufnung eines Armengutes an jedem Sonntag oder wenigstens an jedem Fest- und Bettag in der Kirche das «Säcklein» aufgehoben werden. Diesem «Säckligeld» blieb jedoch der Erfolg ebenso versagt wie dem jahrzehntelangen Kampf gegen Bettelei.»

Ökonomische Enquête 1692

Bürgermeister und Rat liessen es halt dann achselzuckend einfach schleifen, was in besseren Zeiten noch halbwegs tragbar war, jedenfalls aus Sicht der Obrigkeit. In dieser Grosskatastrophe 1692/93 aber, da konnte man nicht mehr wegsehen und wurde gezwungen, auf Ursachensuche zu gehen:

«Um den Grund des Uebels erfassen zu können, veranlaßte der Rat 1692 eine genaue Abklärung der ökonomischen Verhältnisse in allen Gemeinden des Kantons. Die Pfarrer hatten in sämtlichen Haushaltungen ihrer Gemeinde ein genaues Verzeichnis der Familienmitglieder aufzunehmen sowie abzuklären, welche «Handarbeiten» diese verrichten konnten, und ob beziehungsweise in welcher Form Almosen empfangen würden. [...] Gesamthaft betrachtet, ergibt sich aus dem ganzen Kanton ein recht düsteres Bild. In vielen Gemeinden war mindestens die Hälfte der Bevölkerung auf Brotspenden der Kirche angewiesen; daneben wurden immer wieder «blutarme Haushaltungen» erwähnt, die sich weigerten, Almosen zu empfangen, damit die Hausväter nicht von der Gemeindeversammlung ausgeschlossen wurden.»  (Vgl. zu Weiach: Auszug der Ökonomischen Kommission: StAZH B IX 50)

Bettelnde Kinder: Weiach und Stadel förderten das

«Kinder aus solchen Familien zogen bettelnd umher, was zwar verboten war. Es gab aber Gemeinden wie Stadel und Weiach, die, weil die Erträge des Almosenamtes nicht weit reichten, den Armen erlaubten, drei Tage in der Woche vor den Häusern zu «heuschen». 

Insgesamt dürften im Jahre 1692 von der 128 000 Einwohner zählenden Landbevölkerung 21 300 Personen unterstützt worden sein. Dabei reichten die Gaben niemals aus, um allen eine richtige Ernährung und ausreichende Kleidung zu gewährleisten. Oft verfügte eine Familie nur über ein einziges Paar Schuhe und Strümpfe. In Fehljahren aßen viele während Wochen nichts anderes als «Gesott von Krüsch und Habermähl», das mit soviel Mutterkorn vermischt genossen wurde, daß etliche «toll und tumlend im Hirne» wurden.»

Mit 16.6 Prozent wies das Zürcher Herrschaftsgebiet also eine sehr hohe Sozialhilfequote auf. Und trotzdem reichte es hinten und vorne nicht. Kein Wunder, dass in diesem Hungerjahr etliche Weiacherinnen und Weiacher definitiv den Entschluss gefasst haben, auszuwandern.

Freitag, 12. April 2024

Eine Frau aus dem falschen Nachbarort kam teuer zu stehen

Sie haben sich in eine Frau aus dem Nachbardorf verliebt, wollen heiraten und sie soll zu Ihnen ziehen? Glückwunsch, dass Ihnen das heute passiert.

Zu Zeiten der alten Landvögte mussten Heiratswillige selbst innerhalb des Zürcher Herrschaftsbereichs sehr genau hinschauen. Denn wer die Frau aus dem falschen Dorf holte, der zahlte eine happige Strafsteuer. Es gab nämlich eine Art vogteiabhängige Heiratsstrafe. Grund: Die Land- und Obervögte wollten damit das abfliessende Steuersubstrat abgegolten haben.

Schon Zweidlen war für Weyacher vogteitechnisch Ausland

Der Glattfelder Pfarrer Arnold Naef beschrieb das Phänomen 1863 in seiner Monographie über seine Kirchgemeinde wie folgt:

«Wie beim Einziehen in die Gemeinde eine Einzugssteuer, so mußte auch eine Abzugssteuer entrichtet werden, wenn Einer oder Eine mit Vermögen aus der Gemeinde wegzog. Ein Brief von 1662 bestimmte: Wenn Einer in eine andere Gemeinde wegzieht oder wenn hiesiges Gut an einen andern Ort ererbt wird, so soll vom wegziehenden Gut 5 fl. vom Hundert der Gemeinde zur Ersetzung der Steuer bezahlt werden. Aus einer Urkunde von 1607 geht hervor, daß auch für Zweidlen diese Abzugssteuer Geltung hatte: Zwei Zolleren nämlich von Weiach und ein Winkler von Hochfelden, welche Kellerinnen von Zweidlen geheirathet hatten, wollten für das Vermögen derselben den Abzug nicht bezahlen, behielten aber nicht Recht, weil Zweidlen in die Herrschaft Eglisau gehöre, in welcher in allen Gemeinden dieser Brauch bestehe.» (Naef, S. 30)

Die beiden Zoller aus Weiach und der Winkler aus Hochfelden waren an Orten ansässig, die zur Obervogtei Neuamt gehörten. Heirat über die Vogteigrenze = Zur Kasse bitte!

Falls Sie sich gewundert haben, warum man früher noch eher die Tendenz hatte, direkt über den Miststock zu heiraten. Das hatte wohl auch handfeste finanzielle Gründe.

In der Gemeinde Glattfelden war's noch komplizierter...

Das Dorf Glattfelden selber gehörte niedergerichtlich zur Landvogtei Eglisau, weil dieses Recht einst den Freiherren von Tengen gehört hatte, die Hochgerichtsbarkeit stand aber den Kyburgern zu, danach per Erbübergang den Habsburgern (und ab 1424 den Zürchern). Erst 1678 kamen auf Verlangen der Glattfeldner auch die Hochgerichte von der Landvogtei Kyburg zur Landvogtei Eglisau.

Zweidlen hingegen gehörte auch mit der Hochgerichtsbarkeit von jeher den Herren von Tengen und damit ab 1496 vollumfänglich zur Landvogtei Eglisau und damit zum Zürcher Hoheitsgebiet. 

Damit wurde eine Heirat zwischen Zweidlen und Glattfelden dann doch einiges billiger.

Noch einmal anders war die Situation des Weilers Schachen (südlich der Glatt). Er gehörte ursprünglich ebenfalls zur Grafschaft Kyburg, wurde aber 1442 abgetrennt und war fortan Teil der damals eigens gegründeten Obervogtei Neuamt, bis diese mit dem Ancien Régime unterging. Vgl. für diese Dreiteilung die Grenzmarkierungen auf der Gygerkarte von 1667.

Ein Vorzugstarif für Frauen?

Wie wir von Pfr. Naef wissen, lag der Steuersatz bei 5 % des abgezogenen Vermögens. Das geht auch aus den Rechnungen der Neuamtsobervögte hervor, so hier der ältesten erhaltenen Jahresabrechnung für 1683/84:

Was fällt auf? Die Zahlen:

24 lib. [d.h. Pfund Pfenning] «zalt Verena Meyerhoferin von Weyach, so dissmalen zur ehe hat Hanssen Käller zu Glatfelden in der herrschafft Eglisauw, wegen dahin gezogener ungefahr 700 lib. verfangen gut, zu zahlungen ohne zinss gestelt.» 

Also nach Strübis Rächnigsbüechli eine Steuer zu einem Vorzugstarif von 3.4 Prozent! Und erst noch verzugszinsfrei. Ob das damit zu tun hatte, dass hier die Frau zahlen musste? Jedenfalls wurde für diese drei abzugssteuerpflichtigen Männer in besagter Rechnungsperiode der Normaltarif von 5 Prozent veranlagt. Auch wenn es nur um eine Erbschaftsangelegenheit ging, wie bei Hans Huber aus Dielsdorf.

Quellen und Literatur

Donnerstag, 11. April 2024

Weiacher Wirt verklagt Raaterin, die eine Beiz eröffnen will

Auf dem Chistenpass zu Oberraat – so liest man jüngst in der Facebook-Gruppe Du bisch vo Weiach, wenn... – sei im Restaurant Freihof ein neuer Wirt am Werk (der frühere Glattfelder Löwen-Wirt). Und das dort servierte Essen wird in höchsten Tönen gelobt. Zumindest von diesem einen Kunden, der mit vollem Magen seine Rezension abgegeben hat.

Streitbare Wirte

Vor 400 Jahren hätte ein Gastronom in besagtem Raat keinen Fuss auf den Boden bekommen, jedenfalls nicht in Form eines durchgehend gültigen Wirtepatents. Dafür sorgten 1603 der Stadler Wirt Junghans Huser sowie 1607 sein Weyacher Berufskollege Ulrich Bommeli. Sie gingen gegen alle vor, die auf dem Chischtepass in ihr ehaftes Recht (d.h. Monopol) zur Gästebewirtung eingriffen.

Am 13. Juli 1603 hatten Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich (BmuR) entschieden, dass Hans Lang von Raat keine Hochzeitsgesellschaften mehr bewirten dürfe und seine Beiz am Pass auch nur an den Tagen öffnen dürfe, wo auf der Zurzacher Messe Markttag sei (vgl. SSRQ ZH NF II/1, Nr. 146). An diesen Tagen waren nämlich derart viele Marktbesucher aus dem Züribiet von und nach Zurzach unterwegs, dass die Gasthöfe in Stadel und Weiach immer noch genug Gäste bewirten konnten.

Obrigkeitliche Bedarfsanalyse

Am 22. August 1607 reagierte der Zürcher Rat dann auf eine ähnlich gelagerte Beschwerde des Weiacher Wirts. Thomas Weibel, der Bearbeiter des Rechtsquellenbandes Neuamt, beschreibt den Fall regestartig unter Verwendung von Teilen des Originaltextes:

«Als auch Barbara Lang und deren Söhne zu Raat eine Wirtschaft betreiben wollen, erkennen BmuR auf Klage des Wirtes Ulrich Bommelj von Weiach: Diewyl zuo Stadel und Wyach an jedtwederm ort, als die so wyt nit von ein anderen und den gen Zurzach und anderschwo hin reißenden personen nit ungelegen, an einem wirt gnuog jst, so sölle nit allein vilbemelter Hans Lang synes bißher gebruchen, sonder auch die gedacht Barbara Langin sambt jren söhnen jres vorhabenden wirtens ruewig und dasselbig jnen hiemit beidersyts abkhendt syn. Jedoch mit dem anhang, das ein jeder theil zur Zyt der jerlichen Zurtzacher jarmerckten den wyn, so jedem an synen räben gewachßen were, wol vom zapfen ußschëncken und verwirten möge. Da dem genannten Langen nach dißern khünfftigen Zurtzach merckten, wie ers bißhar gebrucht, zewirten zuogelaßen, aber er dannenthin ruewig syn und oberzelter unserer urteil statt thuon.»

Hier wird also obrigkeitlich festgestellt, dass die Ortschaften Stadel und Weiach nicht allzu weit auseinander liegen würden und daher sowohl der lokale Bedarf wie der von Reisenden gedeckt sei, wenn in jeder der beiden Ortschaften je ein Wirtshaus betrieben wird.

Nur anlässlich des Zurzacher Marktes und nur eigenen Wein

Vor allem aber wird das Urteil von 1603 teilrevidiert, indem Hans Lang statt an den Zurzacher Markttagen immerhin noch eine Speisewirtschaft betreiben zu dürfen, nur noch eine Weinschenke öffnen und dort auch nur noch den Ertrag von den eigenen Reben zapfen sollte. Dasselbe Recht also, wie es auch Barbara Lang und ihren Söhnen zugestanden wird, die nun ihre ursprüngliche Geschäftsidee zu grossen Teilen beschnitten sahen.

Konkurrenz erfolgreich gebodigt! Ulrich Bommeli in Wyach und Junghans Huser in Stadel war es hingegen gestattet, fremden Wein zuzukaufen und auszuschenken. Sie durften überdies auch warme Mahlzeiten servieren und (zumindest im Fall des Weiacher Wirts) auch Gäste beherbergen.

Die beiden Urteile findet man in den sog. Ratsurkunden, das sind laut Online-Katalog des Staatsarchivs «Entwürfe und Abschriften von durch obrigkeitliche Autorität und Vermittlung zustande gekommenen Urteilen und Verträgen in privaten und körperschaftlichen Angelegenheiten».

Quelle

Mittwoch, 10. April 2024

Militärpension für die Eltern eines Rekruten

Vor 125 Jahren wurde der Tod eines Armeeangehörigen mit einer jährlichen Rentenzahlung entschädigt. Diese sog. Militärpensionen wurde von einer eidgenössischen Kommission beraten und dann durch den Bundesrat genehmigt. Deshalb finden wir die Pensionsbeschlüsse in den Bundesratsprotokollen.

Am 3. August 1899 beschloss der Bundesrat unter anderem

«11) den Eltern des am 12. Mai 1898 verstorbenen Infanterie-Rekruten Gottfr. Rüedlinger, nämlich dem Vater Felix Rüedlinger, geb. 1824, und der Mutter Anna geb. Neukomm, geb. 1845, von und in Weiach (Zürich), eine Jahrespension von Fr. 150 zuzusprechen, für 1898 pro Rata vom Todestage des Sohnes (12. Mai 1898) an zu rechnen.»  (BRB 1899 3118; Signatur: CH-BAR E1004.1#1000/9#8955*)

Umgerechnet nach dem Historischen Lohnindex (HLI) von Swistoval.ch wären des heute rund CHF 6700. Diese lebenslang ausbezahlte Pension ging also an die Eltern des verstorbenen Rekruten, dessen Vater (75) schon in sehr vorgerücktem Alter war, die Mutter (54) hingegen eine Generation jünger als ihr Ehemann.

Früher Tod der Mutter spart dem Bund die Rente

Allzu lange musste die Eidgenossenschaft aber nicht bezahlen, wie man dem Beschlussprotokoll vom 6. Januar 1905 entnehmen kann. Auf Antrag des EMD vom 29. Dezember übernahm der Bundesrat die Beschlüsse der Kommission:

«Die eidg. Pensionskommission hat in ihrer Sitzung vom 22. Dezember in folgenden Pensionsfällen die nacherwähnten Beschlüsse gefasst: [...]

No. 661. Felix und Anna Ruedlinger-Neukomm, Landwirt in Weiach. Da beide Eltern Ruedlinger gestorben, der Vater am 1. September 1904, die Mutter am 14. Oktober 1904, beschloss die Pensionskommission, die Pension auf den 14. Oktober als erloschen zu erklären und den zwei Söhnen, sowie der Tochter der Verstorbenen die Pensionsrate pro 1904, plus dem Sterbequartal, auszurichten.» (BRB 1905 0033; Signatur: CH-BAR E1004.1#1000/9#9594*)

Dienstag, 9. April 2024

Das EMD erwirbt den Unterstand im Stubengraben

Wenn es in einem Verteidigungsfall schnell gehen muss, wie anfangs des Zweiten Weltkriegs im Herbst 1939, dann werden Geländeverstärkungen auf Privatgrund gebaut, ob das dem jeweiligen Eigentümer gefällt oder nicht. Er hat es im höheren Landesinteresse zu dulden.

Im Sommer 1944 ging das «Bureau für Landerwerb» im Eidgenössischen Militärdepartment (EMD) daran, denjenigen Weiacher Eigentümern, auf deren Grundstücken permanente Kampfbauten errichtet worden waren, ihren Grund und Boden abzukaufen. Gleichzeitig entschädigte man sie auch für zusätzlich erlittene Verluste.

Beispielhaft sei hier der Unterstand im Stubengraben (auch «Kaibengraben» genannt) aufgeführt. Dort hat der Kdt Gz Füs Kp I/269 übrigens beim Bau selbigen Unterstands einen Siebenschläfer gefangen, der dann im Kompaniebüro in einen Käfig gesperrt wurde, ausbrach und durch den Kommandanten höchstpersönlich wieder eingefangen werden musste, vgl. WeiachBlog Nr. 298.

Das Holz ist viel mehr wert als der Holzboden

Der alte Eigentümer, «Paul Bedin-Baumgartner, Maurer in Weiach», erhielt von der Eidgenossenschaft für 397 Quadratmeter Wald in diesem längst trockengefallenen Graben einen Kaufpreis von Frk. 39.70 vergütet (was nach dem Historischen Lohnindex von Swistoval.ch heute rund das Zwölffache (CHF 1.20) für den Quadratmeter Waldboden ausmachen würde).

Wesentlich höher veranschlagt wurde das auf diesem Flecken Erde stehende Holz: die «Entschädigung für Holzbestand, geschlagenes Holz und Wegrechtseinräumung» betrug Frk. 277.20 (nach heutigen Werten immerhin rund CHF 3400).

Die Begründung im Antrag an den vorgesetzten Liegenschaftsdienst des EMD: «Abgelegenes Grundstück, ungünstige Zufahrtsverhältnisse, Entschädigung für Holz gemäss Holzwertberechnung. Uebrige Entschädigungen sind angemessen.»

Leider ist der Plan in den ins Bundesarchiv abgelieferten Unterlagen nicht enthalten. Später hat die Eidgenossenschaft diesen Unterstand aufgegeben und das Land wieder veräussert, jedenfalls findet sich dort laut GIS Kanton Zürich heute keine Parzelle mehr, die der Eidgenossenschaft gehört.

Quelle

  • Direktion der eidgenössischen Militärverwaltung. Liegenschaftsdienst. Landerwerb Truppe. Weiach 1944-1946. Aktenzeichen 50.01.24. Signatur CH-BAR E5001F#1972/50#23*.

Montag, 8. April 2024

Pfeil, Schachtel und Banane. Botschaft an die «classe politique»

Heute Montag ging in Bundesbern zwar keine Session über die Bühne der Staatsoper, es fand lediglich eine Sitzung der Staatspolitischen Kommission des Ständerats (SPK-S) statt. [N.B.: Beide Zürcher Ständeräte gehören dieser Kommission an.]

Die dort zur Diskussion stehenden Geschäfte 23.473 bis 23.475 haben allerdings bereits im Vorfeld mediale Wellen geschlagen, so im rechtskonservativen Nebelspalter, der eine weitere Transition in Richtung Berufsparlament moniert.

In der Folge hat heute in aller Herrgottsfrühe selbst die Pendlerpostille 20 Minuten den Ball aufgenommen und titelt «Brisante Vorstösse: Heute will sich das Parlament den Lohn erhöhen». 

Mit durchschlagendem Erfolg. Um 20 Uhr war die Kommentarfunktion bereits wieder geschlossen, 341 separate Einträge innert wenig mehr als einem halben Tag! Wer sie durchsieht, erkennt ohne Lupe: Das Thema erhitzt die Gemüter. Für manche wurde besagte Kommissionssitzung zum Anlass für eine Protestaktion der besonderen Art.

Stumm platziert, aber unmissverständliche Symbolik
 
Man konnte sie leicht übersehen, heute Nachmittag auf dem Bundesplatz in Bern: Eine vor dem Rezyklieren zweitverwendete Kartonschachtel, per Pfeil befestigt in einer abgesplitterten Mörtelfuge zwischen vier Steinplatten. 

Platziert wurde sie dort von zwei eigens per SBB angereisten jungen Weiachern, die definitiv nicht zur Kategorie Wutrentner gehören. Vom Verdacht einer SVP-Affinität sind die mindestens so weit entfernt wie die deutschen Grünen vom Wiedereinstieg in die Kernkraft.


Diese Vorbemerkung ist nötig, wenn wir uns hier nun den Text auf besagtem Karton zu Gemüte führen: «Liebe ReGIERung, bitte bedenke heute, WARUM Erstaugustfeuer brennen!». Kombiniert mit dem Pfeil und dem Bild einer Burg im Vollbrand.

Spesenbananen als Kartonbeschwerer

In der Hinterhand hat der Karton noch zwei besondere Botschafter: Bananen. Genauer gesagt: Spesen-Bananen, eine Anspielung auf die Selbstbedienungsmentalität eines Berner Regierungsrats, die Mitte Januar diesen Jahres vom Tages-Anzeiger zum Bananengate ernannt und in den Rang der grössten helvetischen Skandale aller Zeiten erhoben wurde.

Die Spesen-Banane

Bananen im Hinterhalt

Auf dem von der Grabkerze beschwerten Zettel steht: «Für die, die sich wundern, was wir hier machen: das Parlament plant heute sich selbst eine Gehaltserhöhung zu schenken, u.A. auf Kosten 1'000'000 Schweizer*innen, die in Armut leben. Das ist nicht schweigend tolerierbar!!»

Burgenbruch? Wilhelm Tells Geschoss?

Ist das ein Aufruf zum Krawall? Die Initiantin dieser Kunstinstallation sieht das auf Nachfrage von WeiachBlog anders:

«Ich weise lediglich auf eine historische Tradition hin. Wir wollen ja alle nicht, dass sich die Geschichte wiederholen muss, nicht wahr!

Wir werden nicht einmal die Kerze entzünden, die ist nur Symbol. Es geht nicht ums Ärger machen, sondern um der Obrigkeit so höflich wie nur möglich den Mittelfinger zu präsentieren

Und nach erfolgreich beendeter Aktion erhielt WeiachBlog noch diese Rückmeldung: 

«Die müssen da Geld sch....n, so viele Massanzüge liefen da in 2 Stunden rum...»  

Nun, was soll man in dieser Umgebung und direkt vor der Nationalbank auch anderes erwarten?

Fazit

Was den Mächtigen in diesem Land schon einigermassen zu denken geben sollte, ist dies: Von unten betrachtet herrscht nach Meinung der working class offenbar ein mit Selbstbedienungsmentalität gesegneter gouvernemental-parlamentarisch-lobbyistischer Komplex, bei dem eine Gewaltenteilung nicht wirklich erkennbar ist. Nur so ist die Anspielung auf die Zeit der verhassten Landvögte zu verstehen. Das Ancien Régime führte ja bekanntlich auch aus einer Hand. Ständeräte, die ihr im Majorzverfahren gewählt werdet und daher dem Volk besonders nah sein müsst: Höret die Signale!