Montag, 5. Dezember 2005

Kirchliches Zerwürfnis an der Kantonsgrenze

Die Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Weiach und die Kirchgenossenschaft Kaiserstuhl-Fisibach sind nach über 60-jähriger enger Zusammenarbeit zwar noch nicht formell geschiedene, zumindest aber getrennte Leute.

Dank einer 1942 abgeschlossenen Vereinbarung haben «die Protestanten in der benachbarten Diaspora» (ca. 260 Personen) offenen Zugang zu allen Gottesdiensten und anderen kirchlichen Veranstaltungen in Weiach (Zollinger: Chronik 1952 – S. 7). Noch 2004 wurde intensiv an einer Fusion zu einer einheitlichen, die Kantonsgrenze überschreitenden Kirchgemeinde Weiach-Kaiserstuhl-Fisibach gearbeitet.

Tempi passati. Der 1996 letztmals erneuerte Pastorationsvertrag wurde durch die Kirchgenossenschaft per 31. Dezember 2005 aufgekündigt. In einer Replik auf einen Brief der Kirchenpflege Weiach machte der Vorstand der Kirchgenossenschaft klar, dass seiner Ansicht nach getrennte Wege für beide Seiten die beste Lösung darstellten. Er kündigte gleichzeitig auch an, einen eigenen Seelsorger wählen zu wollen.

Dass es ihm mit der Scheidung wirklich ernst zu sein scheint, macht eine am Samstag in der Aargauer Zeitung erschienene Meldung deutlich:

"Pfarrerin Therese Wagner aus Biberstein" werde ab 1. Januar 2006 für ein halbes Jahr "als Verweserin mit einem Teilzeitpensum von 40 Prozent für die evangelisch-reformierte Kirchgenossenschaft Kaiserstuhl-Fisibach tätig sein. Die Kirchenpflege bezeichnet diese Übergangslösung als Basis für einen Entscheid über die Zukunft der [...] Kirchgenossenschaft," schreibt die AZ.

Die in der oben erwähnten Replik vorgebrachten Gravamina wiegen offenbar derart schwer, dass nur noch die Trennung bleibt. Das ist sehr bedauerlich. Denn ein Staatsvertrag zwischen den Kantonen Zürich und Aargau, der die Fusion ermöglicht und damit den Ausserkantonalen das von ihnen gewünschte Stimmrecht bringt, wäre im Bereich des Möglichen. Aber eine solche Lösung braucht Zeit.

Die Kirchgenossenschaft Kaiserstuhl-Fisibach ist eine der wenigen noch verbleibenden so genannten Diaspora-Gemeinden im Kanton Aargau. Sie könnte beispielsweise beschliessen, sich der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Zurzach anzuschliessen, welche die Protestanten im restlichen Studenland betreut.

Quelle
- Verweserin mit Teilzeitpensum gewählt. In: Aargauer Zeitung, 3. Dezember 2005.

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