Donnerstag, 26. Januar 2006

Gesprächiges Kulturgut - dank Mobiltelefon

Zu einer Informationstafel an der Kirche Weiach wird es wohl auch anlässlich des 300-jährigen Bestehens des denkmalgeschützten Ensembles aus schiessschartenbewehrter Friedhofmauer, Pfarrscheune und Kirche nicht reichen. Schade.

Ich verstehe das schon. Solche Tafeln sind schliesslich teuer in der Anschaffung und von begrenztem Informationswert. Sie haben zwar immerhin einen Vorteil: Die Besucher müssen nichts mitbringen ausser ihren Augen.

Bücher sind schwer und veralten schnell

Aber sonst? Man will ja nicht halbe Bibliotheken mit sich herumtragen. Einen Kunstführer vielleicht, ja. Da stehen allerdings über die Kirche Weiach in aller Regel auch nur ein paar magere Zeilen drin.

Derweil bleibt die (kunst-)historische Forschung nicht stehen. Und das lässt gedruckte Bücher noch weiter ins Abseits geraten. Korrekturen und neue Erkenntnisse können in herkömmlichen Büchern nämlich nur bei einem Exemplar aufs Mal aufgenommen werden - meist per Handnotiz. Die anderen Exemplare derselben Auflage erfahren nichts davon.

Dabei wäre es doch eigentlich ganz praktisch, wenn die jeweils aktuellsten Informationen ohne grossen Aufwand zur Verfügung stünden.

Physische und virtuelle Welt verknüpfen

Was also, wenn man die Allgegenwart von Mobiltelefonen nutzt und sie als Vermittler einspannt? Die modernen Telefone sind klein, brauchen wenig Strom, verdrängen immer häufiger auch veritable Kameras vom Markt - kurz: sie sind schon heute für viele Zeitgenossen zu unverzichtbaren, praktischen Begleitern und multifunktionalen Helfern avanciert.

Eine Initiative namens Semapedia zeigt, wie Mobiltelefone, PDA's und dergleichen schon heute zu Informationsbrokern werden könnten. Und zwar mittels eines 2D-Barcode-Klebers. Der oben abgebildete codiert für die Wikipedia-Seite über die Gemeinde Weiach.

Obiges Muster klebt vielleicht dereinst am Infopunkt unserer reformierten Kirche. Dort kann man den Barcode mit der Handykamera aufnehmen. Die eingebaute Software erkennt das Muster automatisch, startet eine Abfrage im Internet und erhält die gewünschten Informationen übermittelt. Und schon kann der interessierte Besucher lesen, was es mit dem vor ihm stehenden Bauwerk auf sich hat.

Fotografieren vor Ort, statt am PC auf Links klicken. Das ist nur eine Anwendung des so genannten Ubiquitous Computing. Es sind unzählige weitere denkbar.

Und die Folgen von ubiquitous computing?

Das Problem dabei: die allgegenwärtigen Helfer verschlingen in der Summe Unmengen von Rohstoffen, auch wenn das einzelne Gerät für sich gesehen kaum ins Gewicht fällt.

Wir müssen uns ernsthaft fragen, ob wir wirklich weiterhin den Planeten umgraben und weiträumig durch Erzabbau zerstören wollen, nur um ein paar Jahre lang (fast) überall erreichbar und online sein zu können. Das ist es doch eigentlich nicht wert.

Wie sagte Bestsellerautor Stephen King? Mobiltelefone seien die Sklavenketten des 21. Jahrhunderts? Vielleicht ein weiterer Grund für eine simple, altmodische Informationstafel.

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