Sonntag, 19. März 2006

Hohe Busse für Beischlaf vor der Ehe

Bussen wurden (und werden auch heute noch) oft als Mittel zur Disziplinierung eingesetzt. Darüber hinaus sind sie eine Einnahmequelle, die der Staat bereits im Budget einkalkuliert - wie man am Beispiel der Ordnungsbussen für Falschparkieren, Geschwindigkeitsübertretungen und Rotlichtüberfahren sieht. Kurz: mit den Lastern und Fehlern der Untertanen lässt sich Geld machen. Ob die Massnahme dann auch zur Besserung der solcherart Bestraften beiträgt, steht auf einem anderen Blatt.

Das war auch früher nicht anders. In den gestern bereits erwähnten Abrechnungen der Obervogtei Neuamt (zur Obervogtei vgl. auch WeiachBlog vom 8. November und 6. Dezember) ist daher manches Vergehen mitsamt der dafür ausgesprochenen Busse verzeichnet.

In der Rechnung 1694/95 sind dies z.B. Strafen wegen vorzeitigen Beischlafs, das heisst: vor der Eheschliessung. Darauf standen in der Regel Bussen zwischen 5 und 8 lib. (Pfund; vgl. unten für die Geldwerte). Einige traf es aber auch härter:

16 lib. zahlte «Heinrich Meyerhoffer, lismers, von Weyach wegen frühezeitigen beyschlaffs und üblen betheürungen». Hier wurde offenbar ein Exempel statuiert, wohl wegen dem Leugnen des Tatbestands.

Ebenfalls sehr teuer wurde es für einen Hausvater, der seine Aufsichts- und Sorgfaltspflicht verletzte und möglicher Unzucht Vorschub leistete, so in Neerach (Rechnung 1692/93):

15 lib. zahlte «Rudli Meyer von Nerach, umb dz er 3 töchteren, 1 sohn und 1 knecht in einer Kammer ligen und schlaffen lassen». Ebenfalls 15 lib. «Zahlt Hanss Kuentz, obermüller ze Nerach, umb dass er lasst söhn und töchteren in einer kammer ligen».

Unbekannt ist, ob bei weniger Wohlhabenden, die sich keine separaten Kammern leisten konnten, auch derart rabiat durchgegriffen wurde.

Wieviel war 1 lib. (d.h. Pfund)? Futter für ein Pferd kostete 1679 pro Tag einen halben Gulden (fl). [1 Gulden (fl) = 2 Pfund (lib.) = 40 Schilling (ß).] Die Jahre 1689 bis 1695 waren in der Ostschweiz ausgesprochene Hungerjahre mit vielen Missernten. Der Futterpreis verdoppelte sich nahezu. Ein Hase kostete im November 1690 1 fl. Sechzig Pfund Rindfleisch 5 fl. 10 ß.

Fleisch war teuer, die Ärmeren - und das war in Weyach die überwiegende Mehrheit - konnten sich Fleisch schlicht nicht leisten. Eine solche Busse von über 15 Pfund schmerzte den kleinen Landmann also empfindlich. Besonders wenn er nur Lismer war.

Quellen

  • Bussgelder (Teil 2) . Teure Flüche, Schlägereien und Wirtshausbesuche. Weiacher Geschichte(n) 26. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Januar 2002 – S. 19-20.
  • Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil. Rechte der Landschaft. Erster Band. Das Neuamt. Aarau 1996, p. 99ff & 96.

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