Mittwoch, 12. Juli 2006

Das Gebet des verfolgten Propheten

Es steht in der Bibel, dieses Gebet, im Buch Jeremia, Kapitel 17,12-18. Und als Wandspruch im Innern der Kirche Weiach. Die drei ersten Verse 12-14 sind zwischen zwei Fenster der Nordwestwand gemalt.

«Sola scriptura»

Solche Wandsprüche waren im frühen 18. Jahrhundert in den nüchternen reformierten Predigtsälen zürcherischer Prägung der einzig zulässige Wandschmuck. Denn «Sola scriptura» (zu deutsch etwa: "allein die heilige Schrift") war das Motto der Reformatoren um Zwingli und Calvin. Nur das Bibelwort sollte zu den Gläubigen sprechen - keine Wand- und Deckenmalereien oder gar überladene Altare, Heiligenbilder und dergleichen.


Deshalb und weil man die Weiacher Kirche anlässlich der letzten Gesamtrestaurierung 1966/68 stilecht nach der Zeit ihres Baues vor genau 300 Jahren ausgerichtet hat, ist der Spruch bis heute der einzige Wandschmuck geblieben. Er lautet (vgl. Bild oben, draufklicken für grosse Darstellung):

«Ein Thron der Herrlichkeit
erhaben von Anbeginn
ist unseres Heiligtums Stätte
Du Hoffnung Israels, Herr
die dich verlassen werden alle zu Schanden
die Abtrünnigen im Lande werden beschämt
denn sie haben den Quell des Lebens verlassen
O Herr, heile mich
so werde ich heil
hilf mir so ist mir geholfen
denn du bist meine Hoffnung O Herr
».

Wahl des Spruches bereitete Kopfzerbrechen

Warum es ausgerechnet dieser Spruch ist, verrät die «Bauchronik» von Walter Zollinger zwar nicht. Aber immerhin gibt es zum Wandspruch die folgenden Einträge:

«19.9.1967:
Sitzung der Baukommission z. Besprechung bereits einiger Detailfragen, wie: Einweihungstermin, Fensterbankheizung, Sonnenuhr, Wandsprüche, Vorplatzgestaltung. - Ein Zeichen, dass man gegen Ende der Bauerei rutscht
».

«10.Jan.1968:
Sitzung der Baukommission i. d. Kirche, Besprechung über "Ausschmückung derselben", z.B. Wandspruch & über Gestaltung des Weihegottesdienstes vom 11.2.68.
Der oder ev. die Sprüche machen Kopfzerbrechen, was für welche, wohin, bis wann, von welchem Graphiker, das sind alles heikle Fragen, die zur weitern Abklärung dem Architekten & dem Chronisten, zusammen mit dem Ortspfarrer
[Pfr. Robert Wyss, WG(n)] überlassen werden».

Zu diesem Zeitpunkt war das Innengerüst schon seit mehreren Wochen entfernt.

«5. Febr. 1968:
Baukommission beschliesst endgültig über den Wandspruch. Es wird gewählt: Jer. 17/12-14, als Schriftstück zwischen die beiden Fenster vorn links im Schiff:
"Ein Thron der Herrlichkeit, erhaben von Anbeginn, ist unsres Heiligtums Stätte! Du Hoffnung Israels, Herr! die dich verlassen, werden alle zu Schanden, die Abtrünnigen im Lande werden beschämt; denn sie haben den Quell des Lebens verlassen. O Herr heile mich, so werde ich heil, hilf mir, so ist mir geholfen, denn du bist meine Hoffnung, o Herr!
».

Im April 1968, mehrere Wochen nach dem Weihegottesdienst, wurde der Wandspruch durch Maler Otto Rüger, Niederglatt aufgebracht.

Ohne nochmaliges Aufstellen eines Gerüsts wird das wohl nicht gegangen sein. Ein teures Prophetengebet.

Quelle

  • Zollinger, W.: Chronik der Kirchenrenovation Weiach. (Abgeschlossen: 4. März 1970). Handschrift, Archiv des Ortsmuseums Weiach. - S. 11,13,14,16.

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