Mittwoch, 11. April 2007

Kein Stimm- und Wahlrecht für Sozialhilfeempfänger!

Das zürcherische Gesetz, betreffend die Organisation der Gemeindsräthe von 1803 war zwar in etlichen Punkten recht fortschrittlich (vgl. den WeiachBlog-Artikel vom 10. April).

Der Artikel 3 aber war knallhart zugunsten der Gemeindebürger und wohlhabenden Nichtbürger ausgestaltet. Er lautete wie folgt:

«3. Um Zutritt zu der Gemeindsversammlung zu haben, muß man 20 Jahr alt, und entweder Gemeindsbürger, oder als Schweizer wenigstens 2 Jahre in der Gemeinde angesessen seyn, und im letztern Fall in derselben ein freyes Grundeigenthum besitzen, und einen unabhängigen Beruf ausüben, d.i. in Niemandes Kost und Lohn stehen. Allmosengenößige, Falliten, gerichtlich Verrufene und solche Leute, die durch Urtheil und Recht an der Ehre geschändet sind, sollen von den Gemeindsversammlungen ausgeschlossen seyn.»

Wenn also in Weiach und anderswo jemand nicht an der Gemeindeversammlung erschien, dann hatte er offenbar ein Problem. Im besten Fall war das mangelndes Vermögen oder unselbständige Tätigkeit (Knechte, Gesellen, etc.).

Im schlechteren Fall aber Almosengenössigkeit (heute würde man das als «Sozialhilfebezüger» bezeichnen). Sie war ein Stigma erster Güte. Dito Fallit zu werden, d.h. Konkurs zu machen. Diese Bestimmungen wirken auf dem Dorf bis heute nach. Zwar in der Tendenz eher im Bewusstsein von älteren Leuten. Aber bei diesen umso stärker.

Quelle

  • Gesetz, betreffend die Organisation der Gemeindsräthe. In: Officielle Sammlung der von dem grossen Rath des Cantons Zürich gegebenen Gesetze und gemachten Verordnungen, und der von dem Kleinen Rath emanierten allgemeinen Landes- und Polizey-Verordnungen. Erster Band. Zürich, gedruckt und zu haben bey Johann Kaspar Näf. 1804 - S. 49-53 [Signatur: StAZH ZH 16:1]
[Veröffentlicht am 20.4.2007]

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