Dienstag, 1. Mai 2007

Komplizierte Zeitungsnamen-Geschichte

In der Zürcher Landzeitung (ZLZ/ZU/NBT) vom 30. April schreibt Vincent Fluck über die Ausstellung «Zeitungen und Bilder von 1850–1950» im Ortsmuseum Bülach. Dort könne man «in vergilbten Zeitungen blättern und sich an kurios wirkenden Inseraten und Artikeln erfreuen».

Abgebildet ist eine 100-jährige Inseratenseite aus dem «Bülach-Dielsdorfer Volksfreund». In der Bildunterschrift wird behauptet, dieser sei als «Bülach-Regensberger Volksfreund» gegründet worden. Das stimmt so nicht ganz!

Zuerst einmal ohne Regensberg

Der erste Name des am 20. Juni 1866 erstmals erschienenen heutigen «Neuen Bülacher Tagblatts» war lediglich «Bülacher Volksfreund». Diesen Titel behielt das Blatt immerhin vier Jahre bei, nämlich bis zur Ausgabe vom 13. Juli 1870.

Vom 16. Juli 1870 bis Mitte Juni 1872 hiess die Zeitung dann «Bülach-Regensberger Volksfreund».

Und erst am 15. Juni 1872, nach der Verlegung des Bezirkshauptorts von Regensberg nach Dielsdorf und der Umbenennung des Bezirks, erschien sie erstmals unter dem Namen «Bülach-Dielsdorfer Volksfreund» - ein Titel, der bis im Juni 1957 Bestand hatte.

Seit 50 Jahren wird der frühere «Volksfreund» nun sechsmal wöchentlich herausgegeben und nennt sich «Neues Bülacher Tagblatt».

Diese Angaben kann man der Bibliographie der Schweizer Presse von Fritz Blaser entnehmen. Die Gründungsausgabe des «Bülacher Volksfreund» habe ich ausserdem mit eigenen Augen gesehen.

Lesegesellschaft Bülach veranlasste Zeitungsgründungen

Was man bei Blaser allerdings nicht findet und auch in Vögelis Geschichte der zürcherischen Presse mit keinem Wort erwähnt wird, ist die Rolle der Lesegesellschaft als Keimzelle der beiden bis heute wichtigsten Regionalzeitungen des Unterlandes. Fluck schreibt dazu:

«NBT» und «ZU» haben einen gemeinsamen Ursprung. Die 1818 gegründete Lesegesellschaft Bülach (LGB) hatte zum Ziel, durch Vermittlung von Zeitungen und Literatur einen Beitrag zur Bildung der Landbevölkerung zu leisten. So wurde auf Veranlassung der LGB 1849 das «Wochenblatt für die Bezirke Bülach und Regensberg» (heute «ZU») gegründet. Da sie mit dessen politischer Ausrichtung nicht mehr einverstanden war, gründete die LGB 1866 den «Bülach-Regensberger Volksfreund» (heute «NBT»). Die LGB betreibt heute unter anderem das Bülacher Ortsmuseum. Zu dessen Archivbeständen gehören alle Ausgaben der beiden Lokalzeitungen von 1850 bis 1950. (vf) (Kasten: Lesegesellschaft als Zeitungsgründerin)

Die Ausstellung im Ortsmuseum Bülach an der Brunngasse 1 ist am Sonntag, 6. Mai 2007 ab 10:30 Uhr geöffnet.

Quellen
  • Vögeli, R.: Aus der Geschichte der zürcherischen Presse. Separatabdruck aus: „Das Buch der Schweiz. Zeitungsverleger“. Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum des Schweiz. Zeitungsverlegervereins. Luzern 1925.
  • Blaser, F.: Bibliographie der Schweizer Presse, Bd. 1, Basel 1956; Bd.2, Basel 1958.
  • Fluck, V.: Kurioses aus alten Zeiten. Bülach - Ausstellung «Zeitungen und Bilder von 1850–1950» im Ortsmuseum. In: ZLZ/ZU/NBT, 30. April 2007
[Korrigiert am 13. September 2019; vgl. WeiachBlog Nr. 1411]

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