Montag, 9. Februar 2009

Wer nichts sagt, stimmt zu!

Beim Einmarsch der Franzosen im Frühjahr 1798 hatten viele Schweizer die neue Zeit und die nachfolgende Helvetik noch begrüsst. Nach wenigen Jahren wurde die neue Ordnung aber von der grossen Mehrheit ins Pfefferland gewünscht. 

Bürgerkriegsähnliche Zustände 

Die Gründe dafür waren nicht nur die Wirren des Zweiten Koalitionskriegs im Verlaufe dessen die Helvetische Republik 1799 zum Kampfplatz europäischer Heere wurde, sondern vor allem die faktische Handlungsunfähigkeit und Inkompetenz der helvetischen Zentralregierung, die schlicht zu wenig Finanzmittel hatte, um ihre hochtrabenden Pläne auch tatsächlich zu verwirklichen. 

So versank das Land immer tiefer in bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Staatsstreiche jagten sich. Und die neuen Rechte der Stimmbürger wurden  vorsichtig ausgedrückt  freihändig interpretiert, wie man dem Artikel «Helvetische Republik» auf Wikipedia entnehmen kann: 
 
Abstimmungen gewinnen, einfach gemacht 

«Der Kleine Rat legte die Zweite Helvetische Verfassung inklusive einer Namensliste von 27 Senatoren am 25. Mai [1802] dem Volk zur Abstimmung vor. Diese gilt als erste wirkliche Volksabstimmung auf dem Boden der heutigen Schweiz. Alle Bürger mussten innerhalb von vier Tagen mit «Ja» oder «Nein» zur Vorlage Stellung nehmen. Nichtstimmende wurden als Annehmende gewertet nach dem Rechtsgrundsatz «qui tacet consentire videtur» – «wer schweigt, scheint zuzustimmen». Sechzehn Kantone stimmten der Verfassung schliesslich zu, allerdings hatten nur 72'453 explizit mit «Ja» gestimmt. 167'172 Bürger hatten überhaupt nicht gestimmt – wurden aber als annehmend gewertet und 92'423 hatten abgelehnt. Am 2. Juli erklärte der Kleine Rat die neue Verfassung für angenommen.» 

Die neuen Freiheitsrechte blieben jedoch weitgehend uneingelöste, papierene Versprechen. Besonders empört waren die Bauern über nicht eingehaltene Zusagen betreffend Ablösung der Feudallasten. Um der von den Franzosen geplünderten Staatskasse wieder zu Einnahmen zu verhelfen, war bereits im September 1800 der alte Bodenzins wieder eingeführt worden. 

Geschlossene Stimmabstinenz 

An der Volksabstimmung von Ende Mai 1802 über die neue Helvetische Verfassung nahm wohl auch aus diesem Grund kein einziger Weiacher teil. Trotzdem wurden sämtliche Stimmberechtigten der Gemeinde als Ja-Stimmen gewertet! Würde man dies heute ähnlich handhaben, dann müssten die meisten Abstimmungen gar nicht erst durchgeführt werden. Das Resultat stünde von vornherein fest. Es sei denn, man würde den Stimmzwang einführen, wie er im Kanton Schaffhausen besteht. 

Quellen
[Redaktionell überarbeitet und um den NZZ-Link ergänzt am 8. Dezember 2022]

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