Montag, 22. März 2010

Vor 220 Jahren zu Fuss quer durch die Schweiz

Zu den Zeiten Goethes war man in der Schweiz noch mehrheitlich im Tempo des Fussgängers unterwegs. Was das in punkto Zeitaufwand bedeutet kann man dem «Manuel de l'étranger qui voyage en Suisse» entnehmen. Der Autor dieses Reiseführers, Heinrich Heidegger, publizierte sein Werk im Jahr 1790 im Verlag Orell Füssli.

Sportliche Schweizer-Stunden

Im ersten Teil des Handbuchs sind Entfernungsangaben in Stunden gegeben. Gemeint sind wohl Schweizer Stunden, von denen eine 4.8 km misst. Um so viel Weg in einer Stunde bewältigen zu können, muss man schon ein recht sportliches Marschtempo anschlagen.

Die Stundenangaben liefern aber auch ein menschliches Mass dafür, wie gross und weit die Schweiz wirklich ist. Zu Fuss. Ohne SBB und Auto.

Auf S. 18/19 wird die Strecke von Zürich nach Kaiserstuhl angegeben:

«Zurich
Kayserstuhl 5 5/8

Seebach .. 1
Rümlang .. 7/8
Niederglatt .. 1
Stadel .. 1
Weyach .. 1 1/2
Kayserstuhl .. 1/4
»

Die Gesamtstrecke wird zuerst erwähnt: etwas mehr als fünfeinhalb Stunden zu Fuss. Darunter stehen die Teilstrecken bis Seebach, von dort bis Rümlang, weiter nach Niederglatt, dann Stadel, Weiach und schliesslich von dort nach Kaiserstuhl.

Wer von Weiach nach Kaiserstuhl marschiert, muss noch schneller laufen wenn er die Viertelstunde wirklich als solche nimmt. Und nicht von einer «guten Viertelstunde» - also etwas mehr - ausgeht.

Zu Fuss wird die Schweiz zum grossen Land

Von Baden nach Kaiserstuhl werden 3 Stunden veranschlagt, von Zürich nach Baden 4.25. Die Strecke Zürich-Eglisau misst nach Heidegger 5 Stunden, Zürich-Schaffhausen 9.5 Stunden, Zürich-Winterthur 4 Stunden.

Wer von Limmat-Athen in die Metropole des damals grössten Stadtstaates Europas reisen wollte, also die Strecke Zürich-Bern, musste mit 24.75 Stunden rechnen. Weiter nach Thun zum Tor des Berner Oberlandes waren es noch einmal 6 Stunden Weg: Zürich-Thun also in 30.75 Stunden - mit den SBB geht das heute in 1.5 Stunden.

Kurzbeschreibung des Dorfes fehlt nicht

Weyach wird nicht nur als Durchgangsort auf dem Weg nach Kaiserstuhl erwähnt. In der «Seconde partie» wird es auf S. 175 kurz beschrieben:

«WEYACH. Village paroissial dans le grand bailliage du Neu-Amt. Le grand bailli de l'Evêque de Constance, de Kayserstuhl, a part à la basse-justice.»

Ein Pfarrdorf in der Obervogtei Neuamt. Dieser Obervogt des Bischofs von Konstanz war «résidant à Röteln», also auf dem Schloss Rötteln (am nördlichen Kopf der Rheinbrücke), wie der Artikel «Kayserstuhl» (S. 77) verrät.

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