Donnerstag, 15. Juli 2010

Wenn der Staat in die Gemeindeautonomie eingreift

Dem Alemannen ist die Autonomie des eigenen Familienverbands ein wichtiges Anliegen. So halten es die Weiacher bis heute. Interne Probleme lösen sie auch intern – untereinander.

Es ist jedenfalls bemerkenswert, dass laut dem «Zürcher Unterländer» während des gesamten Meliorationsverfahrens keine einzige Einsprache vors Landwirtschaftsgericht gezogen wurde. Dabei ging es immerhin um so etwas Hochemotionales wie die eigene Scholle, die doch über Jahrzehnte, teils gar über Jahrhunderte in derselben Familie vererbt worden war.

Keine Regulierung von aussen nötig

Vor 1550 müssen in Weiach die ungeschriebenen, mündlich tradierten Verhaltensvorschriften in der Regel gut gegriffen haben. Auch mit der Autorität der dörflichen Führungsschicht dürfte es geklappt haben, denn in der Gemeindeordnung von 1596 wird ausdrücklich erwähnt, dass man zuvor ohne schriftliche Regelungen auskam. Die Präambel beginnt nämlich mit den Worten: «Als ein gmeind zů Wyach jm Nüwen Ampt bißhar dhein verschribne offnung gehept (...)» (Text nach Weibel SSRQ - S. 407).

Innerdörfliche Interessenausgleichsverfahren funktionieren aber nicht immer von alleine. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts lief in Weyach einiges aus dem Ruder. Das Zusammentreffen eines Bevölkerungswachstums mit der kleinen Eiszeit in der zweiten Hälfte des 16. Jh. brachte Stress, welcher die alten Regeln für das Zusammenleben in Frage stellte.

Das Prinzip «Jeder gegen Jeden» nahm überhand, die dörfliche Führungsschicht hatte die Sache nicht mehr im Griff und wirtschaftete anscheinend gar in korrupter Weise vom Gemeindegut in die eigene Tasche.

Staatliche Regulierungshilfen ab 1567

Schon 1567 griff die Obrigkeit erstmals ein und setzte Regeln für die Nutzung und den Schutz der Wälder fest. Schon wenige Jahre später bekamen die Weycher untereinander aber erneut derart grosse Probleme, dass sie diese mit den eigenen Konfliktlösungsmechanismen allein nicht mehr bewältigen konnten. Sie mussten erneut Hilfe von aussen in Anspruch nehmen.

Es ist jedenfalls kaum denkbar, dass sie sonst die von Zürich quasi diktierte Gemeindeordnung dankbar aufgenommen hätten. Man hält ja in hiesiger Gemeinde auf der Autonomie sehr grosse Stücke, lässt sich nur in den seltensten Fällen dreinreden – eben dann, wenn es nicht mehr anders geht: Wenn die Gemeinde wirklich heillos zerstritten ist – wie Weiach um 1595.

Quellen

Keine Kommentare: