Samstag, 11. September 2010

Warum der Staat dem Jäger die Lizenz gibt

Die Antwort lautet: Weil er als Rechtsnachfolger der Landesherren und Inhaber der Hohen bzw. Niederen Gerichtsbarkeit gilt! Diese hatten spätestens seit dem Mittelalter das exklusive Recht auf Jagd. Denn der Landesherr hatte die Gerichtsbarkeit unter sich. Damit waren nicht nur Abgaben- und Steuereinnahmen verbunden, sondern auch das Jagdrecht (auch Jagdgerechtigkeit genannt).

In der Reformation sahen etliche Bauern nicht mehr ein, weshalb das zwingend so sein sollte (vgl. WeiachBlog vom 9. September). Trotz der Bauernunruhen von 1524/25 überlebte das alte Recht des «wildpann» aber bis zum Ende des Ancien Régime und ging dann auf den modernen Staat über.

J.C. Adelung's Wörterbuch von 1811 erklärt Wildbann wie folgt: «1. Die höhere Gerichtbarkeit über alles Jagdwesen in einem Lande; wodurch sich Wildbann von dem Jagdrechte noch unterscheidet. Den Wildbann haben, d. i. das Recht, einen gebannten, in seinen Gränzen eingeschlossenen und andere ausschließenden Jagdbezirk zu halten. 2. Ein solcher in seine Gränzen eingeschlossener Jagdbezirk, der, wenn er ein Wald ist, ehedem ein Bannforst genannt wurde. In dieser Bedeutung ist jetzt im gemeinen Leben die Wildbahn üblich, vermuthlich aus einer Verwechselung beyder Wörter.» (Sp. 1544)

Im selben Wörterbuch wird auch die traditionelle Abgrenzung zwischen Hochjagd und Niederjagd erläutert: «Die hohe Jagd, das Recht Hirsche, Auerhähne u. s. f. zu jagen. Die Mitteljagd, das Recht auf Rehe und wilde Schweine zu jagen, welche in andern Gegenden mit zur hohen Jagd gerechnet werden. Die niedere Jagd, wozu alles übrige Wildbret gehöret. In engerer Bedeutung ist unter dem Worte Jagd, wenn es in Lehenbriefen ohne allen Beysatz stehet, die niedere Jagd zu verstehen.» (Sp. 1411)

Das MALEX-Wiki macht folgende Abgrenzung:

  • Hochwild: Zur Hohen Jagd, die dem König, den Fürsten und der hohen Geistlichkeit vorbehalten war, zählten Auerochse, Wisent, Wolf, Bär, Hirsch, Steinbock, Gemse, Reh und Wildschwein; Auerhahn, Stein- und Seeadler; zuweilen auch Luchs, Reiher, Kranich, Trappen und Fasane.
  • Niederwild: Alle übrigen Wildtiere zählten zur Niederjagd, allen voran Hasen, Kaninchen, Füchse, Marder und Dachse, Murmeltier, Biber, Fischotter, Wildkatze und Wiesel, Wildgänse, Wildenten, Schwäne, Rebhühner, Ringel-, Turtel- und Hohltauben, Schnepfen, Blässhühner, Störche, Möwen, Drosseln usw.

So ist es denn wohl auch zu verstehen, wenn im «Vertrag umb die grichtsherrligkeit zů Wyach» das Niederwild mit «gfügel, füchs, haßen unnd annders derglychen (usßerthalb hochgwildts)» (vgl. WeiachBlog vom 10. September) umschrieben wird.

Heute ist es nun so, dass jeder Kanton wie ein Landesherr alter Schule die Oberhoheit über die Jagd ausübt. Je nach Kanton gilt das Revierprinzip oder das Patentprinzip. Im Kanton Zürich ist das gesamte Staatsgebiet in Jagdreviere unterteilt, die Pächtern zur exklusiven Nutzung überlassen werden. In den Patentjagd-Kantonen (z.B. Bern und Graubünden) kann jedermann mit dem nötigen Befähigungsnachweis ein Jagdpatent lösen, das mit einem Abschusskontingent verbunden ist. (vgl. u.a. http://www.artenschutz.ch/jagd.htm)

Quelle

  • Adelung, J. C.: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen.
[Veröffentlicht am 4. Oktober 2010]

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