Dienstag, 30. November 2010

Novemberwetter 1960: Noch viel Mostobst geerntet

Der November vor 50 Jahren war mit dem heurigen nicht so recht vergleichbar, wenn man den - unüblich kurzen - Notizen des Weiacher Primarschullehrer Walter Zollinger in seiner Jahreschronik 1960 folgen will:

«Nur 5 schöne Tage und ebensoviele sonnige Nachmittage hat der November gebracht; die übrige Zeit bewölkt, bedeckt, durchzogen, wechselvoll, trübe bis regnerisch, sechsmal richtiger Regenfall. Am 3.11. und am 21.11. lag Reif. Es wird aber noch viel Obst geerntet, d.h. meist geschüttelt. Vor den Bauernhäusern stehen überall ganze Türme von Harassen mit Mostobst.

Morgentemperaturen zwischen -2 1/2° und +8° (am 26.11. einmal sogar +11°)Mittagstemperaturen zwischen +3° und +12° (wieder am 26.11. = +14°)
Abendtemperaturen von 0° bis +10° (am 26.11. natürlich mehr, nämlich 13°).
»

Gemäss Meteoschweiz hatte der November 2010 einen milden Start und ein kaltes Ende: der Artikel Witterung im November 2010 erklärt, weshalb es im Schnitt trotzdem wärmer war als in den letzten 50 Jahren üblich.

Quellen

  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1960 - S. 7. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1960].

[Veröffentlicht am 27. Dezember 2010]

Samstag, 20. November 2010

SBB-Filmabend im «Sternen»

Gestern abend vor 50 Jahren, am Samstag, 19. November 1960 fand im Gasthof Sternen zu Weiach ab 20 Uhr 15 ein «SBB-Filmabend» statt.

Die Schweizerischen Bundesbahnen präsentierten «unter freundlicher Mitwirkung des Männerchors Weiach» Farbtonfilme, wie das unten abgebildete Programm zeigt:

1. Sprung über die Grenze (Reise durch Europa mit dem TEE)
2. Das verwechselte Bild
3. "VIGNERON" (Das Jahr des Winzers)
4. Sonnentage-Ferienzeit (Wintersport im Berner Oberland)


So hiessen diese Filme und mit Ausnahme von Nr. 2 kann man sich den Inhalt in etwa vorstellen.

Als Eintritt wurde 1 Franken verlangt (heute wären das zwischen 4 und 13 Franken, je nach zugrundegelegtem Index). Der Reinertrag sollte der Schülerreisekasse zufliessen. Auch die Schüler selber vergass man nicht. Am Nachmittag desselben Tages fand um 15 Uhr nämlich eine «Gratis-Schülervorstellung» statt.

Das der Jahreschronik 1960 von Lehrer Walter Zollinger beigeheftete Flugblatt zeigt auch, welche personelle Verflechtung den Weiachern zu diesem Filmtag verholfen hat. Der einladende Stationsvorstand Weiach-Kaiserstuhl hiess nämlich Emil Maurer, eine für das kulturelle Leben von Weiach bedeutende Persönlichkeit, der wir einiges verdanken (vgl. den Beitrag vom 1. August 2010).

[Veröffentlicht am 28. Dezember 2010]

Freitag, 19. November 2010

«Gefährliches Spiel mit dem Feuer»

Im Zürcher Lexikon «Memorabilia Tigurina» von 1857 findet man unter dem Stichwort «Feuersbrünste» beim Jahr 1810 den folgenden Eintrag: «am 19. November brannte ein Wohnhaus und Scheune zu Weyach ab». (Mem. Tig. 1857, p. 194)

Ein Brandfall unter vielen. Und doch ein denkwürdiger - nicht nur weil es die Gemeinde Weiach traf und er sich genau heute vor 200 Jahren ereignete.

Die Festschrift zum 200-jährigen Bestehen der kantonalen Gebäudeversicherung (vgl. Literaturangaben unten) enthält dazu nämlich folgenden Beitrag von Verena Rothenbühler mit dem Titel «Gefährliches Spiel mit dem Feuer»:

«Kinder lösten aus Unachtsamkeit immer wieder verheerende Brände aus. Vor dem gefährlichen Umgang mit Streichhölzern warnt daher die Geschichte von «Paulinchen» im «Struwwelpeter» von 1845.

Am 19. November 1810 steckte Johannes Meyerhofer das Wohngebäude seiner Familie in Weiach in Brand. (Fn-30) Dem Feuer fielen auch die Scheune, der Stall sowie sämtliche Fahrhabe zum Opfer.

Nach dem Bericht des Gemeinderates kam es zu dem Unglück wegen der «ausserordentlichen Unwissenheit oder Sorglosigkeit» eines fünfjährigen Knaben. Die Eltern waren ausser Haus, als das Feuer ausbrach. Die einzige Zeugin war Dorothea, die 13-jährige Schwester von Johannes. Dorothea berichtete, dass ihr Bruder Lust auf Birnen bekommen habe, die in der oberen Kammer des Hauses im Stroh lagen. Da es im Zimmer dunkel war, zündete Johannes einen Kienspan an. Als er sich bückte, um die Früchte aufzunehmen, fing das Stroh Feuer. Der Knabe rannte darauf mit grossem Geschrei nach unten und erzählte, dass oben ein Schelm sei, der das Stroh angezündet habe.

Von Kindern verursachte Brände kamen immer wieder vor. Auf diese Gefahr wies schon die Feuerordnung von 1803 hin und verbot daher, Kinder unbeaufsichtigt im Haus zu lassen. (Fn-31)

Die Brandassekuranz wollte im Fall von Weiach ein Exempel statuieren. Sie ordnete an, dass der Pfarrer dem Jungen im Beisein der Kirchenvorsteher und des Schulmeisters eine Rüge erteilen solle. Die Bestrafung des Knaben sollte den anderen Kindern in der Gemeinde eine «warnende Belehrung» sein. Der Pfarrer lehnte dies aber mit der Begründung ab, dass der Knabe zu klein sei und eine Strafe nichts nützen werde. Er nahm jedoch den Brand zum Anlass, die ganze Dorfgemeinschaft in der Kirche mit «ernstlichsten Warnungen» ins Gebet zu nehmen und auf die gefährlichen Folgen hinzuweisen, die beim leichtsinnigen Umgang mit Feuer entstehen konnten.
»

  • Fn-30: Vgl. im Folgenden: StAZH RR I 70.2 Protokoll der Brandassekuranzkommission, 10. Dezember 1810.
  • Fn-31: StAZ III Ce 3. Erneuerte Feuerordnung 1803, V.
Beim hier erwähnten Pfarrer handelt es sich um Johann Heinrich Burkhard (in Weiach von 1799 bis zu seinem Tod 1837 tätig). Burkhard war seit 1802 Schulinspektor des Bezirks Bülach - und es ist wohl dieser pädagogischen Ader zu verdanken, dass er auf die Forderung der Brandassecuranz-Kasse nicht tel quel eintrat. In der Friedhofmauer von Weiach findet man Burkhards Grabplatte übrigens bis heute. Und gleich daneben diejenige seiner Ehefrau, einer geborenen Freudweiler.

Quellen und Literatur
  • Rothenbühler, V.: 200 Jahre sichern und versichern. Die Gebäudeversicherung Kanton Zürich 1808-2008. Zürich 2008 – 148 S. (Weiach: S. 40-41 u. 84).
[Veröffentlicht am 27. Dezember 2010]

Sonntag, 14. November 2010

Heute abend vor 20 Jahren: Absturz Alitalia AZ 404

Vor ganz genau 20 Jahren, am 14. November 1990 um 19:11 Uhr Ortszeit [Nachtrag vom 30.6.2015: Korrekt wäre «19:11 UTC», also 20:11 Lokalzeit], ist eine DC 9-32 der Alitalia knapp unterhalb des Dorfes Weiach abgestürzt.

Viele Weiacherinnen und Weiacher erinnern sich noch sehr gut an dieses Ereignis. Und noch heute gehören die WeiachBlog-Artikel über den Absturz zu den am häufigsten aufgerufenen Beiträgen überhaupt.

Die Maschine mit Kursnummer 404 war im Endanflug auf Zürich-Kloten. Sie kam von Mailand her und crashte wegen eines defekten Höhenmessers und der dadurch entstandenen Verwirrung der Piloten mit voller Wucht in den Haggenberg.

Die Absturzstelle und das Denkmal, welches am Ort des Unglücks das tragische Ereignis erinnert, befinden sich im Gebiet Surgen auf Weiacher Gemeindegebiet.

46 Menschen fanden in dieser Nacht den Tod. Requiescant in pace.

WeiachBlog gedenkt heute all derjenigen, welche einen geliebten Menschen verloren haben.

Artikel zum Absturz

Sonntag, 7. November 2010

Endlich Ordnung in die Gemeindekasse bringen

Schon seit mehreren Jahren weist WeiachBlog jeweils vor den Budget-Gemeindeversammlungen auf die unhaltbaren Zustände in der Kasse der Politischen Gemeinde Weiach hin (vgl. Quellenangaben am Schluss des Beitrags).

Die Kritik: es wird unverfroren Geld aus dem Fenster geschmissen - will heissen: für laufende Ausgaben leichtfertig ausgegeben. Geld, das nur dank den Kiesabbauentschädigungen der Weiacher Kies AG auf die hohe Kante gelegt werden konnte. Dabei stehen in den nächsten Jahren weiss Gott grosse Investitionen in die kommunale Infrastruktur an. Eine ausreichende Eigenkapital-Decke wäre also dringend erforderlich.

Sackschwacher Gemeinderat

Ärgerlicherweise hat sich der bisherige Gemeinderat finanzpolitisch jahrelang als überraschend mutlos und leisetreterisch erwiesen - trotz unübersehbaren Fakten war wenig Tatendrang zu spüren:

«Die Zeiten des regelmässigen Kiesgeldes sind längst vorbei. Weil nicht mehr unter Gemeindeland abgebaut wird, lebt die Gemeinde etwa seit zehn Jahren von der Substanz. Nur will das Stimmvolk dies noch nicht so recht zur Kenntnis nehmen, wie man bei jeder Gemeindeversammlung feststellen kann.» (WeiachBlog Nr. 656 vom 2. November 2008)

Man wagte es schlicht nicht, den Leuten nicht nur reinen Wein einzuschenken, sondern auch wirklich Taten folgen zu lassen.

Motto: Bloss kein Aufruhr. Also Kopf in den Sand.

In sozusagen homöopathischen Dosen wurde der Steuerfuss langsam hochgekocht, jeweils um höchstens 2 bis 3 Prozente pro Jahr - man kann die Einwohner und Steuerzahler ja nicht so furchtbar erschrecken, oder?

Das Dumme ist nur: diese Anhebungen erfolgen viel zu langsam, wenn man sich das jährliche Defizit, die deshalb kontinuierlich anwachsenden Schulden und den dafür nötigen Zinsendienst vor Augen führt.

So kommt Weiach nie aus dem falschen Fahrwasser heraus und am Schluss wird alles nur viel schlimmer, weil man jedes Jahr ungedeckte Wechsel auf die Zukunft zieht, die man dann womöglich im dümmsten Zeitpunkt wird einlösen müssen.

Solch kleine Steuererhöhungen fielen natürlich auch den im Unterland präsenten Mainstream-Medien nicht gross auf, so dass lediglich WeiachBlog den Finger auf den wirklich wunden Punkt legte:

«Der entscheidende Punkt ist, dass das Budget 2010 trotz Steuererhöhung immer noch 400'000 Franken Defizit vorsieht. Man lebt also in Weiach ein weiteres Jahr von der Substanz.» (WeiachBlog Nr. 710 vom 12. Dezember 2009).

Der Gemeinderat wagte auch 2009 keine Kehrtwende, die zu einer finanziell verantwortungsvollen Steuerpolitik führen würde.

Neuer Gemeinderat ist aufgewacht

Nach den Neuwahlen im Januar 2010 und mit dem neuen Steuermann Paul Willi an der Spitze scheint der Gemeinderat aber nun wirklich erwacht zu sein, wie man den «Mitteilungen für die Gemeinde Weiach» vom November entnehmen kann:

«Nach den Sommerferien wurde ein anderer entscheidender Prozess gestartet. Wie jedes Jahr wird für ein politisches Gut einen Voranschlag erstellt, bei dem sämtliche Einnahme und Ausgaben der laufenden Rechnung sowie der Investitionsrechnung budgetiert werden müssen. Es ist uns in den letzten Jahren nie mehr gelungen eine ausgeglichene Rechnung zu präsentieren.

Jedes Jahr wurden mehrere Hunderttausend Franken dem Eigenkapital entnommen. Die Finanzierung der Gemeinde konnte nur noch mit fremden Mitteln sichergestellt werden, wofür wir ansprechende Zinskosten bezahlten.

Diese Situation ist aufgrund rückläufiger Erträge und erhöhten Ausgaben in den letzten Jahren entstanden. Deshalb sind wir gezwungen, für das Jahr 2011 den Steuerfuss der Gemeinde Weiach markant zu erhöhen. Ich werde Sie an der Gemeindeversammlung im Dezember im Detail darüber informieren.
» (MGW November 2010, S. 3-4)

Bravo, kann man da nur sagen! Endlich nimmt der Gemeinderat seine Verantwortung wahr! Schön, dass es ein Ehemaliger ist, der - nun als Präsident - dafür sorgen will, dass Remedur geschaffen wird. Das ist ihm hoch anzurechnen.

Frühere Artikel zum Thema
[Veröffentlicht am 27. Dezember 2010]

Montag, 1. November 2010

Ein Handelsreisender verliert seinen Tschoppen

«Bülacher Volksfreund» hiess das heutige Neue Bülacher Tagblatt 1866 in den ersten Monaten seines Erscheinens, später «Bülach-Regensberger Volksfreund».

Schon damals lebten die Zeitungen nicht nur von Abonnementszahlungen ihrer Leser, sondern auch von den Zeilenhonoraren der Inserenten.

Ganz besonders verzweifelt war ein Badenser, der in der zweiten Hälfte des Oktobers 1866 folgendes Inserat schalten liess:

«Verloren. Zwischen Weiach und Glattfelden: Ein Mannsrock, worin zirka 130 Frk. an Geld, ein grossherzogl. badisches Paßbuch und mehrere Patente schweizerischer Kantone. Man bittet inständigst um Zurückgabe gegen entsprechenden Finderlohn im Sternen in Weiach.»

Gemeint ist mit dem Mannsrock eine Jacke, die man über Hemd und Gilet trug. Darin waren in diesem Fall die Geschäftsgrundlagen (Kapital und Genehmigungen) verstaut. (Ältere Semester werden noch den Begriff «Waffenrock» kennen, der für die feldgrüne Uniformjacke der Schweizer Armee bis in die 90er-Jahre gang und gäbe war.)

Der Verlust traf den Handelsreisenden aus dem Grossherzogtum Baden offensichtlich hart. Wahrscheinlich war der Mannsrock unbemerkt vom Wagen gefallen, auf dem der Reisende mitfuhr.

Quelle
  • Bülacher Volksfreund, Nr. 36, Samstag, 20. Oktober 1866 - S. 4