Samstag, 30. Mai 2015

Maiwetter 1965: Wiesen «knotschen» vor Nässe

Der März vor 50 Jahren machte den Wintermonaten ernsthafte Konkurrenz (vgl. WeiachBlog vom 30. März 2015) und auch der April war zum Abhaken gewesen (vgl. WeiachBlog vom 29. April 2015). So machte das Wetter den Weiachern keine Freude. Und das war leider auch im Mai 1965 nicht viel anders, wie Walter Zollinger schreibt:

«Mai. Will der Mai endlich gut machen, was März und April versäumt haben? Die ersten Tage sind nämlich sonnig und warm. Die Kirschbäume blühen allgemein und auch in den Gärten stellen sich endlich die Frühlingsblumen ein. Ebenso blühen unsere Birnspaliere. Aber eigentlich gegenüber dem Vorjahr ist doch alles etwa um 10 Tage im Rückstand und das Wetter der zweiten Maiwoche bessert nicht viel daran: viel Regen, wenig Sonne, kühle Morgen (einmal nur 4°). Erst ab dem 14.5. kommt’s endlich; die Temperaturen steigen auf 9 bis 15° morgens, einmal sogar 18°. An den Nachmittagen steht das Thermometer auf 20° und darüber. Die Tage vom 16. und 17.5. warten sogar mit kurzen Gewittern auf. Die Birnbäume stehn nun im vollen Blust und auch die Apfelbäume folgen rasch nach. Schade, dass bald wieder arge Regentage einsetzten und die Morgentemperaturen wieder sanken (2° am 21., 4° am 22.5.). So können die Bienen nicht ausfliegen und das viele Blust nicht besuchen, was sich wiederum ungünstig auf den Obstertrag auswirken wird. Zwischen dem 20. & 30. Mai konnte ich bloss 3 bis 4 sonnige Nachmittage notieren, aber fast jeden Tag während kürzerer oder längerer Zeit Niederschlag. „Die Wiesenböden knotschen vor Nässe“, steht unterm 29.5. Die schweren Traktoren schneiden tiefe Furchen ein. Obwohl mit dem Heuen zaghaft begonnen wird, geht es natürlich nicht vorwärts. Der Mai 1965 gehört zu den niederschlagsreichsten des letzten Jahrhunderts, berichtet eine Mitteilung der Meteorologischen: „Mit dem ebenfalls viel zu nassen April dieses Jahres entstand für Zürich eine Zweimonatssumme, die sogar für die letzten 100 Jahre an der Spitze der Niederschlagsmengen dieser beiden „Frühlingsmonate“ liegt.»

Ein rekordnasser Frühling also - amtlich bestätigt durch die Meteorologische Zentralanstalt (MZA – ab1979: SMA, heute MeteoSchweiz).

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1965 – S. 5-6. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1965].
[Veröffentlicht am 28. Juli 2015]

Freitag, 1. Mai 2015

So schnell starb das Milchbüchlein nicht

Wenn man die Zeilen Walter Zollingers über den Wechsel der Milcheinnehmer per 1. Mai 1965 zum Nennwert nimmt (vgl. WeiachBlog vom 30. April 2015), dann wurde auf diesen Zeitpunkt auch vom Milchbüechli auf die Milchmarken umgestellt.

So schnell wurde aber auch in Weiach das Büechli nicht abgeschafft. Und man konnte weiterhin mit Bargeld bezahlen, wenn man wollte. Das erklärte zumindest eine der beiden letzten Einnehmerinnen, Elisabeth Odermatt, im Gespräch mit WeiachBlog.

Was macht man bei Preisaufschlägen?

Odermatt (noch heute wohnhaft an der Riemlistrasse 13) war zwischen 1977 und 1989 eine feste Grösse im täglichen Leben des Dorfes. Zusammen mit Elisabeth Hösli schmiss sie den Laden in der «Hütte».

Interessant ist, dass die Weiacher nicht wie andere Genossenschaften auf die Idee kamen, bei Preisänderungen Löcher in die Marken stanzen zu lassen, um Jetons erkennen zu können, die noch nach altem Preis verkauft worden waren (vgl. Kunzmann 2013 für Beispiele).

Als der Verkaufspreis heraufgesetzt wurde, da habe der Präsident der Genossenschaft sparen und auf neue Marken verzichten wollen. Sie habe sich richtig wehren müssen für andersfarbige Jetons. Nach den Bestellbüchern von Güller zu schliessen dürfte sich diese Auseinandersetzung entweder 1979 oder 1985 abgespielt haben. Odermatt setzte sich durch und wohl deshalb gibt es heute verschiedenfarbige Milchmarken mit dem gleichen Nennwert.

Marken erleichtern Abrechnung

Auch Odermatt hebt die Vorzüge des Milchmarken-Systems hervor. Das habe viel Zeit gespart, weil sie nur noch einmal Ende Monat hätten abrechnen müssen. Auch zu ihrer Zeit habe es noch die Milchbüechli gegeben. Aber die meisten Kunden hätten jeweils die Marken bezogen.

Anfang Monat sei es jeweils ums Geld gegangen. Eine von ihnen beiden (Hösli oder sie) habe die Monatsabrechnung gemacht, die andere während dieser Zeit Milchmarken verkauft. Und den Erlös hätten sie dann samt Abrechnung dem Kassier abgegeben (ob es der Post-Ruedi gewesen sei, wisse sie nicht mehr sicher).

Die Zeit in der «Hütte» sei eine schöne gewesen. Gegen Ende der 80er-Jahre habe sie aber zunehmend gesundheitliche Probleme bekommen, vor allem mit dem Rücken, wegen der einseitigen Belastung durch das Hantieren mit schweren Milchkannen und das Ausschenken. Gerade gesund sei die Arbeit also nicht gewesen.

Besuche im Eichi Niederglatt

Im Januar 1990 sei dann die «Hütte» geschlossen, die Milch mittels Tankwagen ab dann direkt von den Höfen abgeholt worden. Da habe sie dann Zeit gehabt für anderes.

Zusammen mit Elisabeth Hösli hat Odermatt im Alterszentrum Eichi in Niederglatt regelmässig betagte Weiacherinnen besucht: darunter meine langjährige Nachbarin Luise Wagner, ehemals wohnhaft Chälenstrasse 25, sowie Frau Schwendener und Emma Erb. Die drei hätten immer ganz genau wissen wollen, was in Weiach laufe.

Quellen
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1965 – S. 20. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1965].
  • Kunzmann, R.: Milchmarken der Schweiz. Gietl-Verlag, Regenstauf, 2013 - S. 415.
  • WeiachBlog: Gespräch mit E. Odermatt vom 20.7.2015
[Veröffentlicht am 28. Juli 2015]