Samstag, 31. Oktober 2015

Zehn Jahre WeiachBlog

«Einszweidrei, im Sauseschritt - Läuft die Zeit; wir laufen mit.» So textete Wilhelm Busch 1877 zu seinem Cartoon «Julchen».

Manchmal hat man sogar den Eindruck, dass - je älter man wird - die Zeit immer schneller läuft. Wohl weil ein Jahr im Vergleich zu den bisher bereits erlebten Jahren einen immer kürzeren Zeitraum des Lebens ausmacht. Für einen Fünfjährigen ist ein Jahr 20%. Für einen Fünfzigjährigen nur noch 2%.

WeiachBlog hat am 31. Oktober 2005 das Licht der Welt erblickt, feiert also heute den 10. Geburtstag. Nach dem zum ersten Jahrestag (Ein Jahr WeiachBlog), dem zum zweiten (2 Jahre WeiachBlog) und dem zum fünfjährigen (WeiachBlog wird fünf Jahre alt) hier wieder einmal ein Rückblick in eigener Sache.

Änderung der Prioritäten

Zuerst einmal ist festzuhalten, dass es schon ziemlich ruhig geworden ist. Jedenfalls verglichen mit der stürmischen Anfangsphase, in der fast jeden Tag ein Artikel erschienen ist. Mittlerweile werden es selten mehr als zwei, drei Artikel pro Monat. Und der Grund ist ganz einfach: andere Prioritätensetzung beim Autor. Da kommt das Bloggen meist weit, weit hinten auf der Liste.

Dass dem wirklich so ist, zeigt die Aktualisierung der vor fünf Jahren erstmals aufgestellten, rein quantitativen Bilanz. In den verflossenen 10 Jahren:
  • wurden 1239 Artikel publiziert, d.h. für jeden dritten Tag einer (nach 5 Jahren waren es 946, also im Schnitt zu jedem zweiten Tag einer);
  • gab es darauf insgesamt 576 veröffentlichte Kommentare - reiner Spam wurde gelöscht (nach fünf Jahren waren es bereits 529);
  • ergibt dieses Material formatiert auf Lauftext-Grösse «Arial 12 Punkt» inkl. Vorwort und Inhaltsverzeichnis rund 1655 A4-Seiten (nach fünf Jahren: 1300 Seiten!)

Viele Seitenaufrufe - wenige Favoriten

Auch nach 200'000 von Blogger geloggten Seitenaufrufen in den letzten fünf Jahren hat sich eines nicht geändert: dass nämlich einige wenige Artikel häufiger (z.T. mehrmals täglich) aufgerufen werden - die grosse Mehrheit hingegen eher selten, einige fast gar nie. Das Phänomen ist unter der Bezeichnung «Long tail» bekannt (vgl. Der Wert von WeiachBlog).

Alle diese Beiträge haben eines gemeinsam: sie stehen - wählt man die Begriffskombination im Titel als Suchbegriffe - bei Google (und anderen) auf der ersten Resultat-Seite. Meistens sogar zuoberst. Der langjährige Rekordhalter - ein Artikel zum 15. Jahrestag des Flugzeugabsturzes von Alitalia AZ 404 - rangiert auch heute noch immer auf dem ersten Platz. Er wird aber wohl über kurz oder lang von der Nummer 2, einem Beitrag mit dem simplen Titel «Alte Monatsnamen» überholt. Der hat nämlich im Monatsvergleich jeweils deutlich mehr Klicks als sein früher publizierter Konkurrent.

[Veröffentlicht am 3. April 2016]

Freitag, 30. Oktober 2015

Oktoberwetter 1965: auch der Nebel «kochte» mit

Im September vor 50 Jahren stellte sich nach der sehr nassen Witterung der Vormonate die Frage, ob es für die Trauben noch reichen würde (vgl. WeiachBlog vom 30.9.2015). Offenbar hatten die Weiacher damals im Oktober Wetterglück, wenn man Walter Zollinger in seiner Jahreschronik 1965 folgt:

«Oktober. Höchsttemperaturen morgens 12°, mittags 19°, abends 14°
Tiefsttemperaturen morgens 2°, mittags 4°, abends 2°.
Die erste Woche war wirklich ordentlich warm (19, 17, 15, 13° um mittag herum). Erst ab dem 10.10. bleibt das Thermometer am mittag meist um 10° herum stehen, am Morgen und Abend entsprechend tiefer. Immerhin war es, mit Ausnahme der 3 Tage vom 24. bis 26. Oktober, nie unter 5°, sodass dieser Monat doch noch recht ausgiebig zum bessern Ausreifen des Obstes und der Trauben beitrug. Auch der viele Nebel an den Morgen (14mal) "kochte" also mit. Die Nachmittage und Abende waren sehr oft recht sonnig (13mal); oftmals zwar stand der Himmel hinter einer Wolkendecke verborgen (10 ganze u. 7 halbe Tage), stark bewölkt waren 5 ganze u. 2 halbe Tage; Regen fiel sehr wenig in diesem Monat, nämlich an 2 ganzen Tagen und 2mal des nachts. Auch der Wind verschonte uns. Ich notierte nur 3 Tage mit spürbarem Luftzug. Natürlich beginnt unter diesen Umständen jetzt das Obsten und Wümmen; am 14.10. sah ich den ersten Bauern, der seine Direktträger heimholte. Auch mit Obstpflücken begann alles; der Ertrag ist allerdings nur mittelmässig nach diesem nassen Sommer. Tafelobst ist rar, dagegen hat es genug Mostobst.
»

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1965 – S. 8-9. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1965].

[Veröffentlicht am 4. Dezember 2015]

Dienstag, 20. Oktober 2015

Immer noch eine SVP-Hochburg

Bei den diesjährigen Wahlen für den Nationalrat und den Ständerat, die beiden Kammern des nationalen Parlaments der Schweiz, ist für Weiach nichts wirklich Überraschendes herausgekommen. Erneut hat sich bestätigt, was seit Jahren klar ist: Weiach ist immer noch eine SVP-Hochburg. Damit könnte man diesen Artikel bereits zum Abschluss bringen. Die Details sollen den Leserinnen und Lesern des WeiachBlog trotzdem nicht vorenthalten werden.

Ständerat: Vogt wäre gewählt

Bei den Ständeratswahlen sieht man den SVP-Effekt besonders schön. Diese Wahlen sind immer noch stark davon abhängig, welche Person sich zur Wahl stellt. Umso interessanter der Umstand, dass Hans-Ueli Vogt, ein Universitäts-Professor und dazu bekennender Schwuler, mit Abstand am meisten Stimmen auf sich vereint:
  • Vogt, SVP: 168
  • Noser, FDP: 96
  • Jositsch, SP: 92
  • Vereinzelte: 63
  • Girod, GP: 29
  • Bäumle, GLP: 26
  • Schmid-Federer, CVP: 24
  • Ingold, EVP: 21
  • Herzog, Piraten: 1
  • von Allmen, ECOPOP: 1
Damit gingen 32.2% aller Stimmen an den SVP-Kandidaten (absolut weniger Stimmen als mit 197 auf der SVP-Liste für den Nationalrat, wo man immerhin noch streichen und panaschieren kann). Gerade noch 18.4% konnte sich die FDP sichern. Dicht dahinter die SP mit - Jositsch sei Dank - stolzen 17.6%. Das sind über zwei Drittel aller Voten. Immerhin 12% gingen an Vereinzelte, d.h. nicht auf den offiziellen Wahllisten aufgeführte Personen.

Nachdem nur Jositsch den Sprung nach Bern im ersten Anlauf geschafft hat, wird die Ausmarchung nun wohl zwischen Vogt und Noser entschieden. Spannend wird sein, was die Linkswähler bei dieser Ausgangslage tun: auf einen Bürgerlichen setzen oder doch den Grünschnabel Girod wählen.

Nationalrat: Absolute Mehrheit für SVP

Bei den NR-Wahlen standen 35 Listen zur Auswahl (was in der Menge ungefähr den 25 Listen im Kanton Bern entspricht). Von den 869 Wahlberechtigten beteiligten sich immerhin 40.85% an den Nationalratswahlen (was beim Vergleich mit emotional diskutierten Sachvorlagen eher wenig ist). Von den 355 gültig eingelegten Wahlzetteln waren 158 unveränderte Listen, 192 veränderte (d.h. kumuliert, panaschiert oder sogar frei zusammengestellt).

Klare Wahlsiegerin in Weiach ist die SVP mit einem Plus von 4.81% (verglichen mit 2011), gefolgt von der SP mit +2.30%. Die Überraschung sind die Grünen mit einem kleinen Zugewinn von +0.14%. Auf tiefem Niveau ebenfalls praktisch stabil die EVP: -0.01.

Alle anderen Parteien haben teils massiv Wähleranteile eingebüsst. Grosse Verlierer in Weiach: BDP -2.63%, CVP -1.67%, FDP -1.53% sowie GLP -1.24%. Auch die EDU hat Terrain verloren: -0.57%. Völlig bedeutungslos geworden sind bei den Hiesigen die Schweizer Demokraten (SD) - abgestürzt von 0.30 auf 0.02%!

Erreicht wurden folgende Anteile: SVP 56.41%, SP 12.09%, FDP 8.17%, EVP 4.68%, glp 4.66%, BDP 4.46%; Grüne 2.37%, CVP 2.01%, EDU 1.34%, jEDU 1.17%, Piraten 0.60%, JUSO 0.55; AL 0.35%, TPS 0.31%, JSVP 0.30. Alle übrigen Listen erreichten lediglich 0.1% oder weniger.

Würden die Parlamentarier nach den Weiacher Resultaten nach Bern entsandt, so ergäbe sich bei den ersten 28 von 35 Sitzen folgende Verteilung: 19 SVP, 4 SP, 2 FDP, 1 EVP, 1 glp, 1 BDP. Der Rest würde nach Listenverbindungen verteilt (eine komplizierte Rechnung, die ich mir hier erspare).

Berücksichtigen muss man indes die vielen Verflechtungen unter den Listen. So gibt es vier grosse Blöcke, denen lediglich 6 Listen nicht angehören (Liste 10 Schweizer Demokraten (SD), Liste 11 Unabhängigkeitspartei up!, Liste 17 Anti-PowerPoint-Partei. Liste 24 DU Die Unpolitischen, Liste 34 Flückiger Hans Ulrich (Hanf Ueli), unabhängig. Liste 35 Schweizer Freiheit und Recht)

Die grossen Blöcke sind (vgl. die Übersicht Listenverbindungen):
I SVP/EDU/Auto
II Sozialdemokraten/Grüne/Zentrumspartei/AL/PdA/K+P
III FDP
IV GLP/BDP/CVP/EVP/ECOPOP/Piraten/TPS

Köppel räumt auch in Weiach ab

Der neu kandidierende Chef der Weltwoche, Roger Köppel, kam in Weiach besonders gut an: 2.1% aller Stimmen entfielen allein auf ihn. Ansonsten war das Resultat weitgehend von den Kumulierungen und Panaschierungen auf den SVP-Listen dominiert:
  1. Köppel 250; Listenplatz 17
  2. Steinemann 229; Listenplatz 11 (Watt-Regensdorf)
  3. Rickli 226; Listenplatz 1
  4. Heer 216; Listenplatz 3
  5. Rutz 200; Listenplatz 7
  6. Sulser 200; Listenplatz 18 (Otelfingen)
  7. Matter 199; Listenplatz 9
  8. Fehr 197; Listenplatz 4 (Eglisau)
  9. Vogt 197; Listenplatz 10
  10. Schläpfer 193; Listenplatz 22
  11. Langhart 193; Listenplatz 23
  12. Hauser 193; Listenplatz 27 (Hüntwangen)
  13. Haab 192; Listenplatz 12
  14. Stahl 191; Listenplatz 5
  15. Suter 191; Listenplatz 28
  16. Lehmann 190; Listenplatz 20 (Glattfelden)
  17. Egloff 187; Listenplatz 6
  18. Walliser 187; Listenplatz 14
  19. Tuena 187; Listenplatz 16
  20. Kuoni 187; Listenplatz 19
  21. Zanetti 186; Listenplatz 15
  22. Hübscher 185; Listenplatz 31
  23. Mörgeli 184; Listenplatz 2
  24. Trachsel 181; Listenplatz 13
  25. Schibli 180; Listenplatz 8 (Otelfingen)
  26. Liebi 180; Listenplatz 24
  27. Hofer 181; Listenplatz 30
  28. Scheck 181; Listenplatz 33
  29. Oswald 179; Listenplatz 26
  30. Rogenmoser 179; Listenplatz 34 (Bülach)
  31. Krebs 178; Listenplatz 21
  32. Frei 178; Listenplatz 25
  33. Walder 177; Listenplatz 29
  34. Dalcher 169; Listenplatz 32
  35. Fischer 161; Listenplatz 35
Bei der SP kam Jositsch auf 84 Stimmen, Hardegger auf 67 (Gemeindepräsident von Rümlang), Badran auf 58, Galladé auf 54 und Naef auf 51. Die neu gewählte Min Li Marti holte lediglich 42 Stimmen. Ohne Proporzwahlrecht hätte auch die drittplatzierte FDP kaum Chancen, ginge es nur nach Weiach: Noser 56 Stimmen (wenig, verglichen mit den 96 im Ständeratswahlkampf), weiter Fiala 36 und Bigler 34. Auch da: ein Gewerbler erhält in Weiach nicht viele Stimmen, wenn er nicht auf einer SVP-Liste steht. Ingold von der EVP kam auf 36 Stimmen (mehr als im Ständeratswahlkampf mit 21!), Bäumle von den Grünliberalen auf 41 (ebenfalls mehr als für den Ständerat; dort 26). Bei der CVP schliesslich zeigte sich der «Bauerneffekt»: Winkler (Landwirt aus Ellikon a.d.Th.) kam auf 31 Stimmen, die in den Nationalrat gewählte Quadranti holte in Weiach nur 26 Stimmen.

[Veröffentlicht am 11. März 2016]

Montag, 12. Oktober 2015

Jakob Meyerhofer - im Aktivdienst 1915 umgekommen

Vor hundert Jahren blieb es den Schweizer Wehrmännern erspart, von feindlichen Kugeln, Granaten, etc. zerfetzt und in den Schützengräben in sinnlosem Stellungskrieg verheizt zu werden.

Dennoch: Kriege fordern Opfer. Zivile und militärische gleichermassen. Und die meisten von Ihnen kommen nicht etwa durch direkte Gewalteinwirkung seitens des Aggressors ums Leben. Nein, sie fallen ganz banalen Unfällen, Krankheiten und dergleichen anheim.

So war es hierzulande auch im 1. Weltkrieg. Am 12. Oktober 1915 wurde ein Weiacher Soldat zu Grabe getragen, ums Leben gekommen bei einem tragischen Unfall.

Die Zusendung des nachstehenden Ausrisses aus der Zürcher Wochenchronik verdanke ich Willi Baumgartner-Thut:

WEHRSTAND

+ Jak. Meyerhofer von Weiach, Soldat, Guid. Schw. 36

Anläßlich der Wiedermobilisierung der 4. Division war die Landw.-Guiden-Schwad. 36 zum aktiven Dienst nach Zug auch einberufen. Das Schicksal wollte es, daß schon am ersten Tage ihres Dienstes ein Soldat durch Unglücksfall das Leben einbüßen mußte.

Meyerhofer, Jakob, Soldat der Guiden-Schwadron 36, wurde beim Transporte von Pferden vom Stellungsplatze nach den Stallungen von einem Pferdehufschlag so unglücklich am Kopfe getroffen, daß er auf der Stelle liegen blieb. Abends gegen 7 Uhr fanden ihn seine Dienstkameraden in bewußtlosem Zustande und leisteten ihm die erste Hilfe. Sie verbrachten ihn nach dem Bürgerspital, wo die ärztliche Untersuchung rechtsseitige Schädelzertrümmerung und Hirnverletzung feststellte. Ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, starb er nach zwei Tagen, am 8. Oktober, nachmittags 4 1/2 Uhr, in Gegenwart seiner herbeigeeilten jungen Gattin.



Ein kurzes ehrendes Wort sei dem allgemein beliebten Verstorbenen anmit als bescheidener Nachruf gewidmet: Jakob Meyerhofer ist 1875 als Sohn einer in weitem Umkreise in hohem Ansehen stehenden Landwirtsfamilie in Weiach geboren. Er war berufen, sich der Landwirtschaft zu widmen. Nach mit Auszeichnung bestandener Schulzeit begann er sein Wirken auf dem Gute seines Vaters. Schon von Anfang an zeigte er Schaffensfreude, und überall wo Arbeit war, sah man ihn fleißig mitarbeiten. Immer mehr entwickelten sich in ihm Energie und Liebe zu dem einmal begonnenen Berufe; er nahm mit Interesse Anteil an allen Unternehmungen seines Vaters, zeigte klares Verständnis für alle Fragen und wurde zum eifrigen Mitförderer für fortschrittliche Einrichtungen. An dem Aufschwunge und der Blüte ihres Betriebes fällt ihm nicht geringes Verdienst zu. Auch in Gemeindeangelegenheiten beteiligte er sich und war gerne gesehenes Mitglied verschiedener Verwaltungskommissionen.

Er war ein unermüdlicher Arbeiter, gewissenhaft in Erfüllung seiner Pflichten und die schwer zu ersetzende Stütze seines nun betagten Vaters. Bescheidenheit, goldlauterer Charakter, Freundlichkeit, humanes Handeln machten ihn zum allgemein beliebten Mann.

Den Verhältnissen gemäß ging er vor einem Jahre daran, sich selbständig zu machen, bezog ein zugekauftes Heimwesen mit extra darauf neuerbautem Wohnhaus und wähnte sich mit seiner ihm letztes Frühjahr angetrauten lieben Gattin glücklich darin. Hoch freute er sich, eine blühende Existenz geschaffen zu haben und stolz war er darauf, bald Vater werden zu dürfen.

Es sollte aber anders werden. - Er wurde für einige Tage zum Militärdienst einberufen und nachdem er mit Sorgfalt und Mühe noch alles geordnet und bestellt hatte - nichts durfte fehlen - verließ er am frühen Morgen des 6. Oktober Haus und Hof. Als gesunder Mann, der er immer war, und als schöner, strammer Soldat zog er hinaus in den Dienst fürs Vaterland, im Weggehen den Seinen noch zurufend: "Ja ich komme ja bald wieder heim." Tatsächlich hätte er schon am 9. Oktober, als an seinem Geburtstage, wieder heimgehen dürfen, aber ein Befehl höherer Macht kam diesem zuvor und beorderte ihn da hinüber, wo ewiger Friede herrscht.

Der Kommandant der Guid.-Schw. 36, Herr Hauptmann Boller, gerührt von Mitleid für die Angehörigen, äußerte großes Bedauern über den auf diesem unglücklichen Wege erfolgten Verlust des ihm als guten Soldaten bekannt gewordenen J. Meyerhofer; das gleiche ließen die Unteroffiziere und Soldaten der Guiden-Schwadron auch bekunden.

Am 9. Oktober fand die Ueberführung der Leiche nach Weiach statt. Offiziere des Platzkommandos Zug und eine Abteilung der Haub.-Batt. 79 gaben ihr das Ehrengeleite bis zum Bahnhof daselbst. Die militärische Beisetzung am 12. Oktober in Weiach gestaltete sich zu einer Trauerkundgebung, wie sie wohl an diesem Orte noch nie gesehen worden ist. Die Massenteilnahme gab beredtes Zeugnis dafür, was der Verstorbene im Leben gewesen ist. Leute aus weiter Umgebung und die Guid.-Schw. 36 vollzählig nahmen daran teil. Die Kirche vermochte sie nicht alle zu fassen. Bei der kirchlichen Feier zeichnete der Herr Pfarrer ein Lebensbild des Verstorbenen, wie es erhebender und schöner nicht sein kann. Dann folgte am Grabe ein militärischer Akt, der gewaltigen Eindruck machte. Die ganze Trauerversammlung nahm Aufstellung auf dem Friedhofe, in der Mitte die Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten der Guid.-Schw. - In markanter, tiefergreifender Ansprache spendete Herr Hpt. Boller der Trauerfamilie Trost und dem ihm einst Unterstellten den Abschiedsgruß.

Namens der Kameraden trug Guide Pfister einen in rührenden Versen gereimten Nachruf vor, worauf Feldw. Vogt den Ehrengruß, "drei Salven", folgen ließ. Dann schloß sich das Grab über einem zur ewigen Ruhe gebetteten guten Kameraden, einem treuen Freund und Bürger. U.


Damit verlassen wir die Bühne der Beerdigung des heute vor 100 Jahren verabschiedeten Weiachers und wenden uns dem militärischen Hintergrund zu.

Guiden und Dragoner

Meyerhofer war also ein Guide - und diese taten ihren Dienst zu Pferde. Nach Angaben auf den Webseiten der Compagnie 1861, einer historischen Sektion des kantonalen Unteroffiziersverbandes Zürich und Schaffhausen, bestand die Aufgabe der Guiden «hauptsächlich aus Melde- und Stafettendienst, Bewachung der Hauptquartiere der Divisionen sowie aus heerespolizeilichen Aufgaben». Leicht anders formuliert die Funktionsbeschreibung auf derselben Website (Beschreibung der Dragoner): «Guiden. Letztere waren für den Aufklärungs- und Heerespolizeidienst bestimmt, oder waren den Divisionsstäben zugeteilt für Kurier- und Staffettendienst». Und für solche Aufgaben nimmt man in der Regel die erfahrenen, älteren Semester. Dass die Guiden-Schwadron 36 eine Landwehrformation war, passt also ins Bild. Bei den Dragonern hingegen waren mehrheitlich Wehrmänner des Auszugs eingeteilt, denn die Dragonerschwadronen waren die Kampfverbände der Kavallerie.

Kantonale Militärhoheit

Eine Suche auf dem Schweizer Archivportal archives-online.org zeigt, dass die Guiden-Schwadron 36 entweder eine Thurgauer oder eine Schaffhauser Einheit war:
  • Staatsarchiv des Kantons Thurgau (StATG): «4'423'35: Guiden Schwadron 36, s.d. (sine dato)»
  • Staatsarchiv des Kantons Schaffhausen (StASH): «Militaria 5/370: Korpskontrolle, Guiden, Schwadron 36 und 41, Landwehr. Enthält Personalien, Details der Dienstleistungen, Beförderungen, Bemerkungen. ca. 1890-ca. 1920»
Da der Thurgauer Bestand gemäss der übergeordneten Archiveinheit nur bis ca. 1906 reicht, ist es durchaus möglich, dass die Schwadron 36 im Jahre 1915 schaffhausisch war. Genauer liesse sich das abklären, wenn die Sperrfrist des Schaffhauser Staatsarchivs nicht bis Ende 2020 laufen würde.

Wie dem auch sei: die sehr traditionsbewussten Kavallerie-Einheiten gehörten als kantonale Formationen sozusagen zu deren Kernbestand. Einen der Gründe für diese Zuordnung erklärt der Artikel zur Schweizer Kavallerie auf Wikipedia (Stand am 15. Oktober 2015):

«Die Militärorganisation von 1907 war ein Kompromiss, der dem Umstand Rechnung trug, dass die vollständige Zentralisierung des Militärwesens bei der Volksabstimmung von 1895 scheiterte. Die Kantone stellten weiterhin die Dragonerschwadronen und beschafften deren persönliche Ausrüstung. Die Militärorganisation 1907 brachte die Unterstellung der Guiden auf die sechs Divisionen (je eine Abteilung zu zwei Kompagnien).

Der Erste Weltkrieg mit seiner erhöhten Feuerkraft, den Giftgaseinsätzen und dem Umstand, dass die Dragoner während der Grenzbesetzung zu Fuss dienten, stellte die weitere Existenz der Kavallerie in Frage. 1916 waren die 24 Dragoner-Schwadronen in vier Kavallerie-Brigaden zu zwei Regimentern mit je drei Schwadronen eingeteilt. Daneben gab es zwölf Guiden-Schwadronen und acht Mitrailleur-Schwadronen. Damit wurde der Höchststand mit 6'600 Mann erreicht. 1918 musste die Kavallerie beim Generalstreik die innenpolitisch heikle Aufgabe des Ordnungsdienstes übernehmen.
»

Gerade dieser Auftrag kam nicht von ungefähr, handelte es sich doch bei den Kavalleristen meist um konservativ eingestellte Soldaten vom Land, die mit den sozialistischen Ideen der Streikenden nicht viel am Hut hatten. Fraternisierungen waren da nicht zu befürchten.

Eine Chronik aus der Stadt Zürich

Schliesslich sei noch kurz etwas zur Herkunft des Ausrisses, der Zürcher Wochen-Chronik erwähnt, die zwischen 1899 und 1918 herausgegeben wurde. Auf der Website Alt Züri steht dazu:

«Die Wochenchronik erschien als Loseblattausgabe wöchentlich am Samstag und berichtete über Amtliches, Strassenbauarbeiten, Kurioses, Unfälle, Polizeinachrichten sowie liebevolle Bildreportagen aus den Quartieren, der Region und einzelnen Bauwerken. Die Loseblattausgaben wurden dann nach Jahrgängen, pro Buch ein Jahrgang, zur Buchausgabe gebunden. Format 25.5 x 32 cm, zwischen 400-600 Seiten, je nach Jahrgang.» Als Verlag zeichnete das «Art. Institut Orell Füssli».

Wer sich weiter in die Zürcher Wochen-Chronik vertiefen möchte, findet sie im Staatsarchiv des Kantons Zürich (StAZH Dm 25; Jg. 17 (1915)), im Stadtarchiv Zürich (STAR (Zürich) Pd 3 USTAR) oder im Schweizerischen Landesmuseum (SLM Ze ZH 9).

Quelle
  • Zürcher Wochen-Chronik, Jg. 17 (1915), S. 373-374
[Veröffentlicht am 10. November 2015]